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Endlich Anerkennung für qualifizierte Zuwanderer

Kolumne
Von IHK-Präsident Dr. Richard Weber

01.05.2011


Leistung muss sich wieder lohnen! Dieser Slogan, mit dem gerne umschrieben wird, dass sich im deutschen Steuer- und Abgabensystem Aufstieg und besondere Anstrengungen gerade nicht lohnen – er muss qualifizierten ausländischen Arbeitnehmern in Deutschland besonders hohl in den Ohren geklungen haben. Denn viele von ihnen sind hierzulande noch unter Wert beschäftigt: Akademikern mit Hochschulabschluss bleiben oft nur Hilfstätigkeiten, die Lizenz als Taxifahrer oder einfache Tätigkeiten im Dienstleistungsgewerbe. Qualifizierte Facharbeiter werden oftmals nur als Hilfsarbeiter beschäftigt. Ein Grund dafür: Ihre Diplome, Schul- oder Berufszeugnisse waren in Deutschland oft nicht anerkannt, die Verfahren dazu uneinheitlich, wenig transparent und langwierig.

Das soll sich nun ändern. Mit dem kürzlich eingebrachten „Anerkennungsgesetz“ erhalten Zuwanderer in Deutschland erstmals einen Rechtsanspruch auf Prüfung und Bewertung der in ihren Heimatländern erworbenen Bildungs- und Berufsabschlüsse. Dafür sieht das Gesetz sogar eine sehr ehrgeizige Bearbeitungsfrist von gerade einmal drei Monaten vor. Am Ende dieses Prozesses steht eine Bescheinigung mit der Einordnung der erworbenen Qualifikationen in das System der deutschen Abschlüsse. Wo eine Gleichstellung mit deutschen Abschlüssen nicht möglich ist, erfolgt eine Teilanerkennung der erworbenen Qualifikationen und eine intensive Beratung darüber, mit welchen Weiterbildungsinhalten eine volle Gleichstellung möglich ist.

Beides – Transparenz schaffen und Qualifikation fördern – sind klassische Aufgaben der Kammern. Es ist deshalb gut, dass im Rahmen des Anerkennungsgesetzes den IHKs und den Handwerkskammern zusätzliche Verantwortung übertragen werden soll. Die Vorbereitungen in der IHK-Organisation sind längst angelaufen. Alle Aufgaben, die sich bündeln lassen und die eine zentrale Bearbeitung nahelegen, werden in einer gemeinsamen Einrichtung aller IHKs erledigt. Dazu gehören etwa die Beschaffung von Informationen über Inhalte und Wert in- und ausländischer Abschlüsse, der Vergleich und die Einordnung der unterschiedlichen Qualifikationen, eine standardisierte Beschreibung der Unterschiede sowie die Ausfertigung der individuellen Bescheinigungen. Die IHKs vor Ort sind Anlaufstelle, beraten die Antragssteller, prüfen die Vollständigkeit der Unterlagen und leiten sie dann an die zentrale Gemeinschaftsstelle weiter. Nach Abschluss des (zentralen) Prüfverfahrens  beraten sie eingehend darüber, mit welchen Weiterbildungsmodulen gegebenenfalls der nächst höherwertige deutsche Bildungsabschluss erreicht werden kann.

Das neue Gesetz ist eine großartige Chance für all diejenigen Menschen, die sich bei uns in Deutschland bisher unter Wert „verkaufen“ mussten. Endlich werden sie ernst genommen mit dem, was sie an Kenntnissen und Fähigkeiten erworben haben. Endlich können sie einen angemessenen Platz im Berufsleben erreichen – und damit auch eine Bezahlung, die ihren tatsächlichen Fähigkeiten entspricht. Es ist aber auch eine große Chance für unser Land, das schon jetzt unter einem Mangel an Fachkräften leidet. Und es ist nicht zuletzt auch ein Beitrag dazu, den demographisch bedingten Nachwuchsmangel der nächsten Jahre und Jahrzehnte zumindest etwas abzumildern. Immerhin wird die Zahl derjenigen, die von dem neuen Gesetz profitieren können, auf bundesweit rund 300.000 Menschen geschätzt.

Die IHK wird jedenfalls alles tun, damit diese Chancen genutzt werden können. Wir werden uns der neuen Aufgabe mit großem Engagement stellen, um diese Chance für unser Land und die betroffenen Menschen bestmöglich zu nutzen. Alleine in den nächsten Jahren dürften im Saarland bei IHK und Handwerkskammer rund 3.000 Zuwanderer einen Antrag auf Anerkennung ihrer Abschlüsse stellen. Insbesondere in den ersten Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes rechnen wir mit einer kräftigen „Bugwelle“ an solchen Anträgen. Für eine erfolgreiche Umsetzung kommt es jetzt darauf an, dass der Bund möglichst rasch die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen dafür schafft, dass die ambitionierten Zeitvorgaben für die Antragsbearbeitung eingehalten werden können. Wir sind jedenfalls bereit. Wenn der Gesetzgeber seinen ehrgeizigen Zeitplan einhält, könnten wir die ersten Anträge noch in diesem Jahr entgegennehmen.