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Mit in der Verantwortung - Auch die Kommunen müssen zur Zukunftssicherung des Landes beitragen

Standpunkt
von Volker Giersch

01.03.2011

Das Saarland kann – auch in Zeiten der Schuldenbremse – eigenständig auf Erfolgskurs bleiben. Die Aufgabe ist allerdings gewaltig und nicht nur von der Landesregierung zu lösen. Auch die Kommunen müssen sich aktiv und offensiv in die Zukunftssicherung einbringen. Denn nur mit attraktiven und vitalen Gemeinden kann das Saarland als Wirtschafts- und Lebensstandort erfolgreich bleiben.

Die Ausgangslage ist alles andere als einfach: Bundesweit und mehr noch im Saarland befinden sich die Kommunen in einer schwierigen finanziellen Lage. Trotz der konjunkturellen Erholung und wieder steigender Steuereinnahmen war 2010 das finanziell schlechteste Jahr der Nachkriegsgeschichte. Der Deutsche Städtetag schätzt das Gesamtdefizit der Kommunen auf rund zehn Milliarden Euro. Zu der Finanzmisere tragen insbesondere auch kräftig steigende Sozialausgaben bei. Zwar helfen hier die günstigen Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt und der jüngste Hartz-IV-Kompromiss, wonach der Bund künftig die Kosten für die Grundsicherung im Alter übernimmt. Doch bleibt das Problem im Kern bestehen.

Im Saarland ist die Lage der Kommunen eher noch schwieriger: Das Defizit liegt – pro Kopf gerechnet – um den Faktor zwei über dem Bundesschnitt, die Finanzkraft deutlich darunter. Allerdings wird die geringere Finanzkraft über den Länderfinanzausgleich und über den kommunalen Finanzausgleich des Landes zum größeren Teil ausgeglichen. Mehr ist kaum möglich – zumindest nicht aus dem Landeshaushalt. Denn die Sparzwänge, unter denen das Land steht, sind in den nächsten Jahren noch um Einiges größer als die Finanznot der Kommunen.

Gemeindefinanzreform nötig

Bleibt die Hoffnung auf eine Gemeindefinanzreform auf Bundesebene, die eine Entlastung auf der Ausgabeseite vorsieht und die Einnahmen verstetigt. Die IHK-Organisation plädiert schon seit langem dafür, die konjunktursensible Gewerbesteuer durch eine kommunale Unternehmensteuer und durch einen Anteil an der Lohn- und Umsatzsteuer zu ersetzen. Leider ohne Erfolg.

Ärgerlich ist, dass die Saarkommunen die Unternehmen seit Jahrzehnten bereits stärker zur Kasse bitten als das anderswo der Fall ist: Die Gewerbesteuerhebesätze liegen hierzulande deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Dadurch hat die Saarwirtschaft eine Sonderlast von 30 bis 40 Millionen Euro jährlich zu tragen. Das bremst die Wachstumsdynamik in unserem Land. Bei der Grundsteuer, die ja weitaus mehr Wähler trifft, sind die Kommunen dagegen eher zurückhaltend. Hier liegen die Hebesätze deutlich – um rund zehn Prozent – unter dem Bundesschnitt. Beides zusammen zeigt, dass in vielen Saarkommunen die politische Opportunität noch immer größer ist als die Bereitschaft, standortpolitische Verantwortung zu übernehmen.

Die Kommunen sollten sich deshalb auf den Grundsatz besinnen: Vor der Hilfe von außen muss die Selbsthilfe stehen. Spielraum für zusätzliche Anstrengungen gibt es genug.

Einsparungen bei den konsumtiven Ausgaben

Land und Kommunen beschäftigen hierzulande zu viel Personal - mehr Personal, als sie es sich mit Blick auf ihre Finanzlage leisten können. Und auch mehr Personal als die meisten anderen Bundesländer. Schleswig-Holstein kommt mit gut zehn Prozent weniger Staatsdienern aus. Und will bis Ende des Jahrzehnts nochmals zehn Prozent an Stellen einsparen. Warum sollte das im Saarland nicht möglich sein?

Wie groß die Sparpotenziale dabei auf kommunaler Ebene sind, lässt sich durch länderübergreifende Vergleiche kaum verlässlich quantifizieren. Denn die Aufgabenverteilung zwischen den staatlichen Ebenen ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. Deshalb ist es gut, dass die Landesregierung derzeit für alle wichtigen Ausgabenbereiche ein Benchmarking erstellen lässt. Entsprechende Kennziffern sollten möglichst rasch auch für die kommunale Ebene erarbeitet werden.

Bedenklich ist bei den Kommunen ebenso wie beim Land die Personalentwicklung in den vergangenen Jahren. So ist der Personalbesatz der SaarKommunen in der Zeitspanne von Juni 2007 bis Juni 2009 um sage und schreibe sechs Prozent gestiegen. Selbst wenn hier auch strukturelle Sondereffekte eine Rolle spielen mögen: Diese Entwicklung geht in die falsche Richtung. Eine Umkehr ist gerade auch mit Blick auf die sinkende Bevölkerung dringend geboten.

Infrastruktur: Weniger Quantität, mehr Qualität

Gleiches gilt für die kommunalen Infrastrukturen wie Schwimmbäder, Sportstätten oder auch Mehrzweckhallen. Hier ist das Angebot seit vielen Jahren weit überdimensioniert. Bei den Schwimmbädern etwa liegt die bewirtschaftete Wasserfläche je Einwohner um gut 60 Prozent über dem westdeutschen Schnitt. Es gibt zu viele Bäder. Die meisten sind zu klein. Und viele von ihnen sind sanierungsbedürftig. Die Folge sind hohe Betriebsverluste, die sich in der Summe auf über 30 Millionen Euro belaufen dürften – viel Geld, das an anderer Stelle dringend benötigt würde.

Das Problem ist seit Jahrzehnten bekannt. Es geht zurück auf die Gebiets- und Verwaltungsreform zu Beginn der 70er Jahre: Vor deren Inkrafttreten spendierten viele der ehemals 365 Saargemeinden sich und ihren Bürgern schnell noch neue Bäder, Sportanlagen und Hallen. Die Zinslasten und Folgekosten hatten ja die neuen größeren Gemeinden zu tragen.

Trotz wachsender kommunaler Finanznot hat sich seither nur wenig getan – zumindest nicht zum Guten hin. Auch wenn in den letzten Jahren eine handvoll defizitärer Bäder geschlossen wurde – dafür sind neue, größere Bäder in Betrieb gegangen: „Das Blau“ in St. Ingbert etwa, das „Wendelinus-Bad“ in St. Wendel, „Das Bad“ in Merzig oder „Die Lakai“ in Neunkirchen. Gerade im Bau befindet sich die Saarland-Therme in Rilchingen-Hanweiler. Und auch in Homburg soll demnächst ein neues Kombi-Bad entstehen.

Zugegeben: Bürgermeister, die in ihrer Gemeinde ein Bad schließen wollen, haben bei den nächsten Wahlen einen schweren Stand. Deshalb hofft ein jeder darauf, dass die Nachbargemeinde ihr Bad zuerst schließt, damit das eigene dann besser ausgelastet wird. Weil alle „Mikado“ spielen, passiert nichts. Abhilfe schaffen können nur Lösungen auf übergemeindlicher Ebene: die Übertragung des Bäderbetriebes etwa auf zwei oder drei größere Trägergesellschaften. In der Startphase könnten die Kommunen zunächst Betriebshilfen in Höhe der aktuellen Defizite gewähren, die dann aber Jahr für Jahr abgeschmolzen würden. Nach einer Übergangszeit müsste es dann in der Zuständigkeit dieser Gesellschaften liegen, Bäder zu sanieren oder zu schließen. Die jährliche Abschmelzung der Betriebshilfen würde insgesamt dazu zwingen, lokales Besitzstandsdenken zu Gunsten betriebswirtschaftlich vernünftiger Lösungen zu überwinden.

Wachsender Handlungsdruck durch demografischen Wandel

Sowohl beim Personal im öffentlichen Dienst als auch bei der kommunalen Infrastruktur wächst der Handlungsbedarf von Jahr zu Jahr. Das Stichwort heißt „demografischer Wandel“. Bereits Ende des Jahrzehnts wird es sieben Prozent weniger Saarländerinnen und Saarländer geben als heute. Bei den Schülern und Jugendlichen ist gar ein Rückgang von fast einem Viertel vorgezeichnet. Da ist absehbar: Die Auslastung der Schwimmbäder und Sportanlagen wird weiter deutlich sinken. Und: Die Zahl der Kommunalbediensteten wird – je Einwohner gerechnet – steigen. Es sei denn, die Kommunen steuern gegen und bauen bis Ende des Jahrzehnts mindestens sieben Prozent der Stellen ab. Spielraum dazu gibt es genug. Denn Jahr für Jahr scheiden etwa drei Prozent der Mitarbeiter altersbedingt aus.

Ortskerne attraktiv halten

Absehbar ist auch, dass sich der Bevölkerungsrückgang keineswegs gleichmäßig über das Land verteilen wird. Einige wenige Kommunen werden weiter wachsen, viele andere werden zweistellige Einbußen hinnehmen müssen (siehe Grafik). Gerade diese Kommunen stehen vor der großen Herausforderung, ihre Ortskerne künftig attraktiv und lebendig zu halten.

Zahlreiche Gemeinden befinden sich schon seit längerem in einem Teufelskreis aus rückläufiger und abfließender Kaufkraft, einer steigenden Zahl von Leerständen, sinkender Attraktivität und – dadurch ausgelöst – erneuten Kaufkraftverlusten. Um hier gegenzusteuern, sollten künftig möglichst keine neuen Wohngebiete mehr ausgewiesen und Standorte für den Einzelhandel nur noch in unmittelbarer Nähe zu den Ortskernen genehmigt werden. Im Übrigen sind gemeinsame Initiativen auf kommunaler Ebene gefragt, in die sich neben der Politik auch Handel und Gewerbe sowie die Hausbesitzer einbringen.

Verstärkt ins Auge gefasst werden sollten auch freiwillige, gemeindeübergreifende Kooperationen, die gerade für die kleineren Kommunen zunehmend überlebenswichtig werden. Die Landesregierung sollte prüfen, wie sie beim kommunalen Finanzausgleich stärkere Anreize für solche Kooperationen setzen kann. Warum nicht Zuschüsse nur noch für solche Projekte gewähren, die sich nachhaltig rechnen? Warum nicht Verbundlösungen zwischen mehreren Gemeinden mit höheren Zuschusssätzen fördern?

Insgesamt gibt es auf kommunaler Ebene also viele Ansatzpunkte, Ausgaben zu sparen und sich besser auf den absehbaren Einwohnerschwund vorzubereiten. Die Zeit drängt. Denn die Zukunftschancen unseres Landes sind umso besser, je rascher und konsequenter die Kommunen das Geld, das bisher in zu viel Personal und in schwach ausgelastete Infrastrukturen fließt, dazu verwenden, ihre Haushalte wieder ins Lot zu bringen und Zukunftsinvestitionen zu finanzieren, die den Standort nachhaltig aufwerten.