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Saarwirtschaft in der Krise: Für 2023 kaum Wachstum in Sicht

IHK: Strukturwandel unterstützen, Standortkosten senken, Investitionen fördern

21.12.2022

Das Jahr 2023 dürfte für die Saarwirtschaft kein einfaches werden. Wie IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Thomé in einem Jahresrückblick- und -ausblick erläutert, belasten neben konjunkturellen Risiken die Herausforderungen der ökonomischen, ökologischen und digitalen Transformation die Unternehmen im Land. „Insbesondere wirken verstärkte Klimaschutzanforderungen, hohe Energiepreise, der zunehmende Arbeitskräftemangel und steigende Zinsen kostentreibend. Damit engt sich der Spielraum für Investitionen und Beschäftigungsaufbau erheblich ein“, sagt Thomé. Angesichts der nach wie vor schwachen und unsicheren Weltkonjunktur rechnet die IHK für 2023 mit einer Wirtschaftsleistung knapp unter dem Niveau dieses Jahres (minus 0,5 Prozent BIP-Wachstum), bestenfalls mit Nullwachstum. Dies allerdings auch nur unter der Voraussetzung, dass der Ukraine-Krieg und die Spannungen im asiatisch-pazifischen Raum nicht eskalieren und es nicht zu einer Gasmangellage in Europa kommt. „Mit diesen verhaltenen Aussichten für die Saarwirtschaft ist auch klar, dass sich die bestehende Wachstumslücke gegenüber dem Bund aller Voraussicht nach auch im nächsten Jahr nicht verringern wird“, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer.

Die verhaltene Prognose der IHK für 2023 gründet auch darauf, dass das Krisenjahr 2022 noch einigermaßen gut lief – und so die Basis für die Wachstumserwartung vergleichsweise hoch liegt. „Das Jahr 2022 hätte sogar zu einem Aufholjahr für die Saarwirtschaft werden können. Zu Jahresbeginn stand die Konjunkturampel noch auf grün - nicht zuletzt, weil die neue Bundesregierung mehr Fortschritt wagen und damit nach zwei Corona-Jahren wieder Optimismus verbreiten wollte“, sagt Thomé. Doch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine brachte eine Zäsur, in deren Folge die reduzierten Energielieferungen aus Russland zu Unsicherheiten über die Versorgungslage und zu Energiepreisschocks führten. Verschärft wurde die Situation durch einen inflationären Schub, der alle Wirtschaftsbereiche unter erheblichen Kostendruck setzte.

Verarbeitendes Gewerbe vergleichsweise robust

Doch trotz massiv gestiegener Erzeugerpreise und drohender Energieengpässe präsentierte sich das Verarbeitende Gewerbe auf Basis der Umsätze der ersten zehn Monate anders als befürchtet sehr robust. Alle drei Kernbranchen der Saarindustrie – Stahl, Maschinenbau und Fahrzeugbau – konnten Umsatzsteigerungen verzeichnen. Die Stahlindustrie verbesserte ihre Erlöse sogar sehr deutlich gegenüber dem Vorjahr 2021. Ursächlich hierfür sind im Wesentlichen der anhaltende weltweite Nachfrageboom nach Qualitätsstählen, das kriegsbedingte Ausscheiden des ukrainischen Wettbewerbers Asowstahl sowie die Renaissance der Windkraft. Anders als im Vorjahreszeitraum, in dem die Umsätze rückläufig waren, konnte auch die Fahrzeugindustrie im Saarland wieder zulegen und die zuvor durch Lieferengpässe bei elektronischen Bauteilen verursachten Umsatzeinbrüche wieder ausgleichen. Auch wenn vom privaten Konsum angesichts der allgemeinen Teuerung keine substantiellen Impulse kamen, rechnet die IHK in der Gesamtbilanz für das laufende Jahr mit einem vergleichsweise guten Ergebnis: „Das reale BIP-Wachstum 2022 dürfte rund zwei Prozent erreichen. Diese Prognose trägt auch den stimulierenden Effekten Rechnung, die die Maßnahmen der Bundesregierung ausgelöst haben. Diese Instrumente zur Krisenbewältigung waren massiv, wirkten beruhigend auf Wirtschaft sowie Verbraucher und haben das Schlimmste verhindert“, sagt Thomé. Allerdings läge die Wirtschaftsleistung an der Saar auch bei einem Zwei-Prozent-Wachstum rund drei Jahre nach Beginn der Pandemie noch immer unter dem Vor-Corona-Niveau und auch – anders als im Bund – weiterhin unter dem Niveau von vor der Weltfinanzkrise 2008/2009.

Kaum Aufholchancen im neuen Jahr

Das Wachstum der Weltwirtschaft wird 2023 zwar anhalten, allerdings mit deutlich verlangsamtem Tempo. Dämpfende Effekte dürften insbesondere vom vergleichsweise schwachen Wachstum in China, der Rezession in Großbritannien, der Stagnation in der Eurozone und in den USA sowie der restriktiven Geldpolitik der Notenbanken ausgehen. „Das Saarland ist mit seiner exportstarken Industrie den Widrigkeiten der Weltwirtschaft in besonderem Maße ausgesetzt. Der Export hat damit in 2023 kaum Chancen, zum Wachstumstreiber der Saarwirtschaft zu werden“, sagt Thomé.

Positive Effekte auf das Wachstum der Saarwirtschaft versprechen hingegen der von der Bundesregierung angekündigte Anstieg der öffentlichen Investitionen sowie die in Aussicht gestellten verbesserten Anreize für private Investitionen. Gerade das Bekenntnis zu mehr Tempo bei der Digitalisierung und vor allem zu vereinfachten Planungs- und Genehmigungsverfahren sind wichtige Anreize für mehr private Investitionen und damit für mehr Wachstum und Beschäftigung. Der in der Landespolitik vorherrschende Konsens zu einer öffentlichen Investitionsoffensive lässt ebenfalls Wachstumsbeiträge erwarten. „Entscheidend ist jedoch, dass die neue Landesregierung mit öffentlichen Leitinvestitionen in die Aufwertung des Standortes investiert. Denn nur ein attraktiver Standort wird private Investitionen anreizen – von bestehenden Unternehmen oder von neuen Investoren aus dem In- und Ausland“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Thomé.

Arbeitsmarkt 2023: Bis zu 1.000 Arbeitsplätze mehr möglich

Wohin sich der Saar-Arbeitsmarkt 2023 entwickelt, hängt ganz wesentlich davon ab, wie die Saarwirtschaft mit den konjunkturellen und strukturellen Herausforderungen sowie mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs fertig wird. Dämpfend wirkt für viele Branchen auch der zunehmende Mangel an Arbeitskräften. Dennoch dürfte wie schon im laufenden Jahr die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften etwa im Gesundheits- und Sozialwesen sowie in der öffentlichen Verwaltung, aber auch in Teilen des Verarbeitenden Gewerbes und bei unternehmensnahen Dienstleistern weiter für einen Beschäftigungsaufbau sorgen. „Für das kommende Jahr ist deshalb über alle Branchen gerechnet im Mittel mit einem Beschäftigungszuwachs von etwa 1.000 Arbeitsplätzen zu rechnen. Die Arbeitslosenquote dürfte nicht zuletzt wegen des weiteren Zuzugs von ukrainischen Flüchtlingen leicht steigen, aber deutlich unter der der Corona-Jahre liegen“, sagt Thomé.

Aufwertung des Standortes

Der Blick auf die saarländischen Wachstumszahlen unterstreicht den erheblichen Handlungsbedarf im Land. Seit der Jahrtausendwende liegt das Wachstum im Saarland noch nicht einmal bei einem Drittel des Plus im Bund. Alle Aufholversuche wurden durch die Krisen der letzten Jahre konterkariert. Doch ohne eine überdurchschnittlich starke und dauerhafte Wachstumsphase droht das Saarland in der Einkommensentwicklung und damit letztlich auch beim Steueraufkommen gegenüber dem Bund immer weiter zurückzufallen. „Für einen nachhaltigen Aufholprozess ist daher vor allem eine erhebliche Ausweitung privatwirtschaftlicher Investitionen erforderlich. Um diese jedoch auszulösen, bedarf es einer Aufwertung des Standorts im nationalen wie auch im internationalen Vergleich“, sagt Thomé. Zugleich müsse aus Sicht der IHK die strukturelle Transformation so gestaltet werden, dass die Wettbewerbsfähigkeit des industriellen Kerns gesichert und zugleich die Wirtschaftsstruktur weiter diversifiziert wird. Dadurch würde der Standort resilienter gegenüber externen Schocks. „Dies erfordert von der Landesregierung eine konsistente Strategie mit konkreten Projekten und prioritären Maßnahmen. Vor allem aber mutiges, entschlossenes und zielgerichtetes Handeln. Durch die Gestaltung der Rahmenbedingungen muss sie dem Strukturwandel Schwung und Richtung verleihen“, sagt Thomé.