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Vom Ende der Gemütlichkeit

Von IHK-Präsident Dr. Richard Weber
Kolumne

01.06.2011

„Hauptsach, gudd gess“, das ist mehr als nur ein Spruch. Er zeigt die Bedeutung, die die Saarländer dem gemütlichen Beisammensein beim Essen oder dem gemeinsamen Umtrunk beimessen. Ein Spruch, der auch zeigt, welche Bedeutung den Gaststätten und Kneipen im Saarland zukommt.

Das Ende vom blauen Dunst
Viele Raucher haben sie geschätzt: Die Zigarette beim Digestif oder bei der Tasse Kaffee nach einem guten Essen. Damit ist es im Saarland nun endgültig vorbei, spätestens seit Inkrafttreten des verschärften Nichtraucherschutzgesetzes. Wäre es – wie es der Name des Gesetzes nahelegt – nur um den berechtigten Schutz der Nichtraucher gegangen, dann hätte man es getrost bei der alten Regelung belassen können. Denn viele Lokale waren schon danach völlig rauchfrei. Und in anderen hatten die Gastwirte – im Vertrauen auf das Vorgängergesetz – kostenträchtige Umbaumaßnahmen durchgeführt und spezielle Raucherräume mit kräftigen Entlüftungsanlagen eingerichtet. Diese Investitionen haben sich für die Gastwirte und Kneipiers nicht amortisiert. Eher haben sich die Erwartungen in Rauch aufgelöst, dass auch Raucher ein gewisses Anrecht auf Minderheitenschutz genießen könnten. Nun gibt es eine Galgenfrist bis zum 1. Dezember.

Rauchen bei Wind und Wetter
Gastwirte, die glauben, „ihren“ Rauchern danach wenigstens ein zumutbares Refugium im Außenbereich anbieten zu können, erleben ihr nächstes blaues Wunder: Denn zahlreiche Gemeinden, darunter auch die Landeshauptstadt Saarbrücken, haben strenge Vorgaben sowohl für den Witterungsschutz für rauchende Kunden als auch für Heizpilze erlassen. So regeln etwa die „Leitlinien zur Gestaltung der gewerblichen Aktivitäten im öffentlichen Raum“ wie ein Gastwirt seine Kunden vor den Unbilden des Wetters schützen darf. Überdachung, Pavillons und Zelte etwa sind danach nicht zulässig. Raucher bleiben daher, im wahrsten Sinne des Wortes, im Regen stehen. Wird aus dem Regen Schnee, sind sie auch diesem ausgesetzt, da auch das Aufstellen von Heizpilzen nicht mehr zulässig ist. Der rauchende Gast zieht es also vor, warm und trocken zu Hause zu bleiben. Der Wirt hat das Nachsehen.

Von Ekellisten und Kontrollbarometern
Gammelfleisch, Käseimitate und jüngster Dioxin-Skandal – es gibt offenbar immer noch Defizite im Umgang mit Lebensmitteln. Das neue Zauberwort der Politik heißt: „Mehr Transparenz“. Dabei ist jedem klar, dass behördliche Veröffentlichungen allein weitere Skandale nicht verhindern können. Auch die Verbraucher zeigen sich wenig beeindruckt – sie machen von den behördlichen Informationsangeboten kaum Gebrauch. Jetzt wurde die Einführung eines neuen Kontrollbarometers möglichst zum 1. Januar 2012 beschlossen. Eine Farbskala in den Ampelfarben Rot, Gelb und Grün soll Gäste bereits bei Eintritt in ein Lokal über das Ergebnis der letzten Lebensmittelkontrollen informieren. Im Internet werden bereits jetzt – auch im Saarland – Ekellisten auf umstrittener gesetzlicher Grundlage veröffentlicht. Solche Internetveröffentlichungen sollen jetzt sanktioniert und flächendeckend eingeführt werden: Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch soll es den Ländern künftig erlauben, eigene Regelungen zur Transparenz von Lebensmittelkontrollen und deren Veröffentlichung im Internet zu erlassen. Ob damit tatsächlich ein bundesweit einheitlicher Vollzug erreicht werden kann, ist fraglich.

IHK Saarland für sachliche Debatte über Transparenz
Warum werden eigentlich – vor Einführung eines Kontrollbarometers und weiteren Gesetzesänderungen – nicht die geltenden Bestimmungen besser angewandt? Das würde Verbrauchervertrauen und Transparenz schaffen. Es ist schließlich im gemeinsamen Interesse von Unternehmen und Verbrauchern, Lebensmittelskandale zu verhindern und schwarze Schafe schneller zu identifizieren. Wir haben in Deutschland mit den gesetzlichen Vorgaben des Lebensmittel- und Futtermittelrechts bereits heute das weltweit höchste Schutzniveau. Man sollte also zunächst über einen besseren Vollzug diskutieren, ehe man Gesetze weiter verschärft. Dies dient dem Verbraucherschutz und auch dem Saarländer, der sich dann weiterhin sagen kann: „Hauptsach, gudd gess“.