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Allez les bleus…
Von IHK-Vizepräsident Thomas Hempel
Kolumne
01.04.2013
Ausgerechnet im Frankreichjahr des Saarlandes, fünfzig Jahre nach Unterzeichnung des Elysée-Vertrages, wird es amtlich: Die Saarexporte zum westlichen Nachbarn stehen 2012 erstmals seit langer Zeit nicht mehr auf Platz 1 der Lieferstatistik. Die Spitzenposition halten nun die britischen Inseln – wenn auch nur knapp. Dies war bereits 2002 der Fall: Damals haben hohe Bestellmengen des Focus aus Saarlouis dafür gesorgt, dass Großbritannien vorübergehend Hauptabnehmer von Waren „Made in Saarland“ wurde.
So einfach lassen sich die aktuellen Verschiebungen nicht erklären. Im vergangenen Jahr gingen die Saar-Exporte nach Frankreich um fünfzehn Prozent zurück, während unsere Lieferungen über den Kanal um ein volles Drittel anstiegen. Und die Mehrnachfrage aus England entfiel nur zu einem Teil auf Fahrzeuge oder Fahrzeugkomponenten. Einen deutlichen Zuwachs verzeichneten auch Lieferungen von Stahl, Maschinen und weitere Güter der Produktionstechnik. Dies deutet – ähnlich wie im Falle USA – darauf hin, dass die angekündigte Re-Industrialisierung langsam in Gang kommt.
Die rückläufigen Exporte nach Frankreich gehen hingegen weit überwiegend auf das Konto von Fahrzeugteilen. Die saarländischen Zulieferer der französischen Automobilindustrie haben die massiven Absatzrückgänge in deren Stammmärkten Südeuropas unmittelbar zu spüren bekommen. Gut für die Saarindustrie, dass diese Ausfälle durch vermehrte Lieferungen insbesondere in die USA und Asien ausgeglichen werden konnten. Dadurch blieb die saarländische Exportbilanz insgesamt im Vergleich zu 2011 nahezu unverändert.
Gleichbleibend hoch blieben auch die saarländischen Importe aus Frankreich. Über zwei Milliarden Euro Umsatz bedeuten weiterhin mit Abstand Platz eins – insgesamt gesehen bleibt Frankreich damit nicht nur größter Lieferant, sondern weiterhin wichtigster Handelspartner der Saarwirtschaft. Die Bandbreite der Lieferungen über das gesamte Spektrum von Konsum- und Investitionsgütern belegen die grundsätzliche stabile Handelspartnerschaft.
Der "unheimliche" Erfolg der deutschen Exportwirtschaft lässt unsere Nachbarn nach den Rezepten fragen. Nicht von ungefähr: Neben dem Elysée-Vertrag feiert auch die deutsche Agenda 2010 in diesem Jahr ein Jubiläum. In Frankreich wird die Agenda nach zehn Jahren Praxistest auf ihre Tauglichkeit für die eigene Situation diskutiert - noch sehr zögerlich und äußerst kontrovers. Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, mehr Anreize für die Jobsuche und die Durchforstung des Sozialstaates – unsere Nachbarn im Westen haben lange daran geglaubt, ohne schmerzhafte Reformen und soziale Einschnitte auskommen zu können. Nun wird Gerhard Schröder, Bundeskanzler a.D., Anfang Mai zu einem „Europäischen Wirtschaftsforum“ nach Nancy geladen – er soll persönlich die Agenda darlegen. Die IHK Saarland ist Mitveranstalter.
Zu den wenigen deutschen Worten in der französischen Sprache ist ein neues dazu gekommen: „Mittelstand“ geht in den allgemeinen Sprachgebrauch über – und deutet dabei auf ein weiteres französisches Problem: während bei uns neben den internationalisierten Großunternehmen auch eine breite Schicht mittelständischer, größtenteils inhabergeführter Industrieunternehmen gelernt haben, sich erfolgreich auf den Weltmärkten zu bewegen, existiert eine solche Kategorie unter französischen Unternehmen nur ansatzweise. Französische PME („KMU“) sind im Schnitt erheblich kleiner als ihre deutschen Pendants, weniger internationalisiert und erfreuten sich nicht gerade besonderer Aufmunterung von Seiten des Staates.
Schließlich wird Deutschland um das konstruktive Verhältnis von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie die duale Berufsausbildung beneidet. Im September findet übrigens das erste deutsch-französische Strategiegespräch zur grenzüberschreitenden Berufsbildung statt - in unserer IHK.
Mais, restons modeste! Vor kaum mehr als zehn Jahren war Deutschland als Wirtschaftsstandort fast abgeschrieben. Unsere Nachbarn müssen und werden ihren eigenen Weg finden. Belehrungen sind fehl am Platze. Erfahrungen zu teilen aber kann nur hilfreich sein - für beide Seiten. Und schließlich ist ein wirtschaftlich und politisch starkes Frankreich auch in unserem Interesse - und im Interesse Europas. Also: Allez, les bleus.
So einfach lassen sich die aktuellen Verschiebungen nicht erklären. Im vergangenen Jahr gingen die Saar-Exporte nach Frankreich um fünfzehn Prozent zurück, während unsere Lieferungen über den Kanal um ein volles Drittel anstiegen. Und die Mehrnachfrage aus England entfiel nur zu einem Teil auf Fahrzeuge oder Fahrzeugkomponenten. Einen deutlichen Zuwachs verzeichneten auch Lieferungen von Stahl, Maschinen und weitere Güter der Produktionstechnik. Dies deutet – ähnlich wie im Falle USA – darauf hin, dass die angekündigte Re-Industrialisierung langsam in Gang kommt.
Die rückläufigen Exporte nach Frankreich gehen hingegen weit überwiegend auf das Konto von Fahrzeugteilen. Die saarländischen Zulieferer der französischen Automobilindustrie haben die massiven Absatzrückgänge in deren Stammmärkten Südeuropas unmittelbar zu spüren bekommen. Gut für die Saarindustrie, dass diese Ausfälle durch vermehrte Lieferungen insbesondere in die USA und Asien ausgeglichen werden konnten. Dadurch blieb die saarländische Exportbilanz insgesamt im Vergleich zu 2011 nahezu unverändert.
Gleichbleibend hoch blieben auch die saarländischen Importe aus Frankreich. Über zwei Milliarden Euro Umsatz bedeuten weiterhin mit Abstand Platz eins – insgesamt gesehen bleibt Frankreich damit nicht nur größter Lieferant, sondern weiterhin wichtigster Handelspartner der Saarwirtschaft. Die Bandbreite der Lieferungen über das gesamte Spektrum von Konsum- und Investitionsgütern belegen die grundsätzliche stabile Handelspartnerschaft.
Der "unheimliche" Erfolg der deutschen Exportwirtschaft lässt unsere Nachbarn nach den Rezepten fragen. Nicht von ungefähr: Neben dem Elysée-Vertrag feiert auch die deutsche Agenda 2010 in diesem Jahr ein Jubiläum. In Frankreich wird die Agenda nach zehn Jahren Praxistest auf ihre Tauglichkeit für die eigene Situation diskutiert - noch sehr zögerlich und äußerst kontrovers. Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, mehr Anreize für die Jobsuche und die Durchforstung des Sozialstaates – unsere Nachbarn im Westen haben lange daran geglaubt, ohne schmerzhafte Reformen und soziale Einschnitte auskommen zu können. Nun wird Gerhard Schröder, Bundeskanzler a.D., Anfang Mai zu einem „Europäischen Wirtschaftsforum“ nach Nancy geladen – er soll persönlich die Agenda darlegen. Die IHK Saarland ist Mitveranstalter.
Zu den wenigen deutschen Worten in der französischen Sprache ist ein neues dazu gekommen: „Mittelstand“ geht in den allgemeinen Sprachgebrauch über – und deutet dabei auf ein weiteres französisches Problem: während bei uns neben den internationalisierten Großunternehmen auch eine breite Schicht mittelständischer, größtenteils inhabergeführter Industrieunternehmen gelernt haben, sich erfolgreich auf den Weltmärkten zu bewegen, existiert eine solche Kategorie unter französischen Unternehmen nur ansatzweise. Französische PME („KMU“) sind im Schnitt erheblich kleiner als ihre deutschen Pendants, weniger internationalisiert und erfreuten sich nicht gerade besonderer Aufmunterung von Seiten des Staates.
Schließlich wird Deutschland um das konstruktive Verhältnis von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie die duale Berufsausbildung beneidet. Im September findet übrigens das erste deutsch-französische Strategiegespräch zur grenzüberschreitenden Berufsbildung statt - in unserer IHK.
Mais, restons modeste! Vor kaum mehr als zehn Jahren war Deutschland als Wirtschaftsstandort fast abgeschrieben. Unsere Nachbarn müssen und werden ihren eigenen Weg finden. Belehrungen sind fehl am Platze. Erfahrungen zu teilen aber kann nur hilfreich sein - für beide Seiten. Und schließlich ist ein wirtschaftlich und politisch starkes Frankreich auch in unserem Interesse - und im Interesse Europas. Also: Allez, les bleus.