Positionen

Kennzahl: 17.812

Auf richtigem Kurs

Von Dr. Richard Weber, Präsident der IHK Saarland
Kolumne

01.12.2000

Das Journalistenwort, nur schlechte Nachrichten seien “gute”> Nachrichten, scheint im Saarland besondere Gültigkeit zu besitzen. So ist die frohe Botschaft unserer Mittelstandsumfrage in der Presse hierzulande fast untergegangen. Sie lautet: Die kleinen und mittleren Unternehmen im Saarland sind gut in das neue Jahrtausend gestartet. Und sie gehen gut gerüstet in die nahe Zukunft.
Zunächst einmal sind unsere Unternehmen kommunikativ: Fast jedes vierte der von uns angeschriebenen Unternehmen hat sich an unserer Umfrage beteiligt — insgesamt rund 600. Dies ist für eine schriftliche Befragung ein ausgezeichneter Wert. Noch überzeugender sind die Antworten, die uns die Unternehmen gegeben haben. Sie zeigen:

Der Saar-Mittelstand ist weltoffen

Über die Hälfte der Industrieunternehmen und der überregionalen Dienstleister rechnen damit, dass sich die Bedeutung des Auslandsgeschäfts künftig weiter erhöhen wird. Davon wiederum die Hälfte wird künftig einen zunehmenden Teil seiner Produktion im Ausland erbringen. Zwar bleiben Deutschland und Westeuropa auch in Zukunft die wichtigsten Absatzmärkte. Aber Osteuropa, Asien und Nordamerika rücken zunehmend in den Focus der saarländischen Wirtschaft. Auch die Beschaffungsmärkte werden globaler: Bei den Vorlieferungen werden die Unternehmen künftig stärker auf die Länder im Osten Europas setzen.

Der Saar-Mittelstand nutzt Synergien

Für gut die Hälfte der Unternehmen sind Kooperationen und strategische Allianzen eine notwendige Überlebensstrategie für die Zukunft und bereits heute eine Selbstverständlichkeit. Nicht einmal jedes sechste Unternehmen schließt solche Formen der Zusammenarbeit grundsätzlich aus. Insbesondere in Vertrieb und Service, aber auch bei der Beschaffung, nutzen die saarländischen Unternehmen die Synergien eines partnerschaftlichen Miteinander zur Kosteneinsparung, zur Risikominderung und zur Absicherung der Geschäftsbeziehungen zu Kunden und Vorlieferanten.

Der Saar-Mittelstand investiert in die Zukunft

Mehr als zwei Drittel der Unternehmen investieren regelmäßig in Forschung und Entwicklung, die meisten von ihnen wollen künftig sogar noch mehr Geld für die Verbesserung bestehender und die Entwicklung neuer Produkte ausgeben. Aber auch für die weitere Optimierung der Produktionsprozesse sind zusätzliche F- und E-Mittel eingeplant. Unverkennbar ist: Die Saar-Unternehmen werden immer “internetter”. Zwei Drittel von ihnen nutzen das Internet bereits heute für ihre Firmenpräsentation. Immer mehr wollen das www in Zukunft auch für eine rationelle und preiswerte Beschaffung einsetzen. Mit mysaar.com und saarshopping.de wurden zwei erfolgsversprechende Projekte elektronischer Marktplätze ins Werk gesetzt.

Der Saar-Mittelstand ist selbstbewusst

Weit über die Hälfte rechnen für die kommenden fünf Jahre mit wachsenden Marktanteilen für ihr Unternehmen. Der Optimismus ist berechtigt: Sehr viele saarländische Unternehmen liegen mit ihren Produkten und Dienstleistungen hervorragend im Markt; einige sind Technologieführer mit ihren Produkten. Es gibt mehr “hidden champions” im Saarland als man vermuten würde.

Der saarländische Mittelstand schafft Arbeitsplätze

Jeder zweite Betrieb plant in den nächsten drei Jahren, zusätzliche Arbeitskräfte einzustellen. Gefragt sind vor allem (Fach-) Hochschulabsolventen, IT-Fachleute und Techniker. Wenn der immer akuter werdende Fachkäftemangel nicht allzusehr bremst, könnte die Saar-Wirtschaft im ganzen in den kommenden zwölf Monaten rund 6000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Auch die Zahl der Ausbildungsplätze dürfte weiter deutlich zunehmen — genügend Bewerber mit ausreichender Qualifikation vorausgesetzt.

Noch mehr Dynamik durch bessere Standortbedingungen

Wenn etwa die Gewerbesteuer niedriger, die Verwaltung wirtschaftsfreundlicher, die Qualität und Effizienz unseres Bildungssystems höher, die Verkehrsanbindungen besser und die Entsorgungskosten niedriger wären. Und wenn insgesamt das Image unseres Landes in der übrigen Republik besser wäre.
Hier drückt die Unternehmen wirklich der Schuh. Diese Standortfaktoren haben aus der Sicht der Unternehmen nicht nur grundsätzlich die größte Bedeutung für ihren wirtschaftlichen Erfolg — hier sehen sie vor allem auch den größten Handlungsbedarf. Und hier erwarten sie sich den vollen Einsatz ihrer IHK. Zu Recht: Denn die Probleme sind seit langem bekannt und seit vielen Jahren ist die IHK dabei, getreu der Beschreibung Max Webers “dicke Bretter zu bohren”.
Nicht ohne Erfolg: In den meisten dieser Bereiche tut sich etwas. Wenn dies keine frohe Botschaft ist: Die neue Landesregierung schafft die Voraussetzungen zur Senkung der Gewerbesteuer, verkürzt die Gymnasialzeit, wertet Schulabschlüsse durch landesweite Prüfungen wieder auf, kämpft für die lange Zeit schmerzlich vermisste Flughafenanbindung nach Frankfurt, gibt Straßenausbau und -erhalt wieder die notwendige Priorität. Bürgermeister diskutieren offen über die Privatisierung der Entsorgung. Die Bundesregierung setzt auf Haushaltskonsolidierung und beschließt eine Steuerreform, die ihr vor zwei Jahren noch niemand zugetraut hätte. Nicht, dass man mit allem zufrieden sein könnte. Nicht, dass schon alles Ankündigte auch umgesetzt wäre. Nicht, dass es immer noch zu viele falsche Signale gäbe. Aber: die Grundrichtung stimmt.
Die saarländischen Unternehmen können sich darauf verlassen, dass die IHK ihre Interessen weiterhin mit großem Engagement vertreten wird. Dass sie nachhaken wird, wenn den Ankündigungen keine Taten folgen. Dass sie vernehmlich Laut gibt, wenn Weichen in die falsche Richtung gestellt werden. Schließlich haben Sie uns in der Umfrage dazu erneut ein eindeutiges Mandat erteilt. Denn mehr als zwei Drittel beurteilen schon den bisherigen Einsatz der IHK für bessere Standortbedingungen mit gut oder sehr gut. Und eine Mehrheit wünscht sich sogar noch mehr Nachdruck bei der gesamtwirtschaftlichen Interessenvertretung. Wir werden Kurs halten und diesem Wunsch nachkommen.

Versprochen ist versprochen!