Ausbilden.Jetzt!
Von Dr. Richard Weber, Präsident IHK Saarland
Kolumne
01.04.2003
Das vor uns liegende Ausbildungsjahr wird schwerer: Die schlechte Konjunkturlage und die ungewissen Aussichten über die weitere Entwicklung sind eine große Belastung. Viele Unternehmen müssen ihren Beschäftigtenstand reduzieren, manche sogar auch auf Teile ihrer Stammbelegschaft verzichten. Da fällt es nicht leicht, weiter auf hohem Niveau auszubilden oder sogar mehr Lehrstellen anzubieten. Andererseits werden in diesem Jahr die Bewerberzahlen nochmals ansteigen, weil mehr Jugendliche die Schule verlassen. Wir brauchten also ein paar hundert Ausbildungsplätze mehr als im vergangenen Jahr. Danach sieht es derzeit nicht aus.
Deshalb möchte ich mich heute mit einer ganz persönlichen
Bitte an Sie wenden: Zeigen Sie unseren Jugendlichen, dass Sie
als Unternehmer auch in schwierigen Zeiten Verantwortung
übernehmen.
Ganz konkret:
Fahren Sie Ihre Ausbildung nicht zurück.
Prüfen Sie, ob Sie nicht einen weiteren Ausbildungsplatz
schaffen könnten – gerade jetzt.
Geben Sie auch solchen Jugendlichen eine Chance, deren
schulischen Leistungen nicht „rekordverdächtig“ sind.
Melden Sie alle freien Ausbildungsplätze an die
Arbeitsverwaltung und an die Lehrstellenbörse der IHK.
Was haben Sie als Unternehmer davon? Zunächst einmal ein gutes Gewissen und die Genugtuung, Ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung für die junge Generation nachgekommen zu sein. Die Gewissheit, für die Zukunft des Standortes Saarland einen Beitrag geleistet zu haben. Daneben gibt es aber auch ein paar sehr handfeste Gründe, gerade jetzt auszubilden:
Schon in drei Jahren wird die Zahl der Schulabgänger im Saarland zurückgehen. Zehn Jahre nach dem Gipfelpunkt wird die Zahl der Schulabgänger bereits um mehr als 15 Prozent niedriger liegen als heute. Dann werden nicht Lehrstellen Mangelware sein, sondern qualifizierte Ausbildungsplatzbewerber. Wer an die Zukunft seines eigenen Unternehmens glaubt, ist also gut beraten, jetzt auszubilden.
Die Auswahl unter den Ausbildungsplatzbewerbern wird in den
nächsten Jahren nicht besser. Zum einen wegen der gestiegenen
Studierneigung. Zum anderen, weil die Bewerberzahlen in drei
Jahren absolut zurückgehen. Und bis die „Qualitätsoffensive
Bildung“ Ergebnisse zeigt, werden noch einige Jahre vergehen.
Die Krise geht vorüber. Vieles spricht dafür, dass wir
schon im Verlauf dieses Jahres die Talsohle durchschritten haben.
Spätestens ab dem kommenden Jahr wird der Konjunkturzug wieder an
Fahrt gewinnen. Bis dahin sollten Sie sich Ihren Nachwuchs
gesichert haben.
Die Ausbildungsplatzabgabe ist noch nicht vom Tisch. Nur
durch gemeinschaftliches solidarisches Handeln der Unternehmen
wird es gelingen, dass dieses „Folterinstrument“ dort bleibt, wo
es hingehört: In der Mottenkiste.
Die Ausbildung wird in diesem Jahr also Thema Nummer eins bleiben. Deshalb wird sich auch die Vollversammlung der IHK in ihrer nächsten Sitzung intensiv mit diesem Thema befassen. Auf der Tagesordnung steht eine umfangreiche Agenda, um neue Ausbildungsbetriebe zu gewinnen und bewährte Ausbildungsunternehmen dazu zu bewegen, mehr auszubilden. Zu dem Programm gehört die Organisation von Ausbildungsverbünden, die Werbung bei nicht deutschen Unternehmen und die Unterstützung von jungen Unternehmern bei der erstmaligen Ausbildung.
Helfen Sie uns dabei, auch in diesem Jahr unser Ziel zu erreichen, allen ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen eine Lehrstelle anbieten zu können. Wir werden Sie dabei mit allen Mitteln unterstützen. Darauf gebe ich Ihnen heute mein Wort.