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Ausbilden ohne Zwang: Gegen eine Ausbildungsplatzabgabe

Die Position der IHK Saarland

15.05.2003

Eine Ausbildungsplatzabgabe schadet mehr als sie nutzt. „ Die Förderung der Berufsausbildung und der Ausbildungsbereitschaft der Betriebe“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Volker Giersch, „muss bei der Verbesserung der Standortbedingungen für Unternehmen in Deutschland ansetzen. Dafür sind Kostenentlastungen entscheidend. Ausbildungsfähige Unternehmen können zur Ausbildung nicht gezwungen. Sie müssen gefördert, motiviert und überzeugt werden. Die IHKs haben daher ihre IHK-Lehrstellenoffensive 2003 gestartet.“

Die Gewerkschaften meinten angesichts der aktuellen Lehrstellensituation, eine „Sondersteuer“ für nicht ausbildende Unternehmen sei das geeignete Wunderkraut für mehr Lehrstellen. Das sei ein fataler Trugschluss. Er hätte fatale Konsequenzen:

Insolvenzrisiko steigt

Zahlreiche Unternehmen stehen bereits jetzt mit dem Rücken zur Wand. In einer Zeit von Rekordinsolvenzen (ca. 38.000 im letzen Jahr) können sich viele kleine und mittlere Unternehmen Ausbildung schlicht nicht mehr leisten. Eine zusätzliche finanzielle Belastung und zusätzlicher Verwaltungsaufwand würden das Insolvenzrisiko noch verschärfen. Damit würden weitere Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze gefährdet.

Ausbildungsbereitschaft sinkt

Die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe ginge zurück. Betriebe würden sich von der Ausbildung freikaufen, weil dies kurzfristig rationaler erschiene. Sie würden darauf vertrauen, dass nun andere ausbilden.

Die Umlage ist im Übrigen bereits in der Praxis gescheitert. Trotz der in der Bauwirtschaft etablierten Ausbildungsumlage sank die Anzahl der neuen Ausbildungsverträge von 1994 bis 2002 von ca. 20.000 auf 9.000 und damit proportional zum Rückgang der Beschäftigten in der Bauwirtschaft.

Ausbildung am Bedarf vorbei

Die derzeitige Ausbildung im dualen System ist bedarfsorientiert: Betriebe bilden aus, wo zukünftig Fachkräfte benötigt werden. Ein Modell, was sich an der Nachfrage der Schulabgänger orientiert, läuft am Bedarf vorbei und führt zu planwirtschaftlichem Denken.

Praxisferne und perspektivlose Ausbildung

Es würden mehr außerbetriebliche Ausbildungsplätze entstehen, die kaum Beschäftigungschancen bieten. Die enge Verbindung von Bildungs- und Beschäftigungssystem - der besondere Vorteil des deutschen Ausbildungssystems - würde aufgehoben.

Steigende Ungerechtigkeit

Eine Ausbildungsabgabe würde nicht mehr, sondern weniger Gerechtigkeit bringen. Viele Betriebe bieten Ausbildungsplätze an, finden aber keine geeigneten Bewerber. Andere Betriebe können aufgrund ihrer Spezialisierung nicht ausbilden. Die Ausbildungskosten, aber auch der Nutzen der Ausbildung variieren zudem nach Beruf, Branche und Region erheblich.

Ansprechpartner:
Volker Giersch
(06 81) 95 20-1 01