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Ausbildungspakt statt Ausbildungsplatzabgabe

Großes IHK-Engagement hat Erfolg
IHK-Präsident Dr. Richard Weber zum Pakt für mehr
Ausbildung
Kolumne

01.07.2004

Dank des großen Engagements der IHKs und des DIHK-Präsidenten Ludwig Georg Braun ist mit einem „Pakt für mehr Ausbildung“ die drohende „Ausbildungsplatzabgabe“ verhindert worden. Mit der Unterzeichnung des Ausbildungspaktes haben alle Verantwortlichen, die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten, die Organisationen der Wirtschaft und die Gewerkschaften einen entscheidenden Schritt getan, jedem ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen eine Perspektive zu bieten.

Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt ist zurzeit noch angespannter als im Vorjahr. Neben der weiterhin schwierigen konjunkturellen Entwicklung hat ganz sicher die unsägliche Diskussion über die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe dazu beigetragen, die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe zu schwächen. Gleichzeitig steigt in den nächsten Jahren, zumindest in Westdeutschland, noch die Zahl der Schulabgänger. Bundesweit wurden bislang weniger Ausbildungsplätze als im Vorjahr gemeldet.

Schon frühzeitig haben die Organisationen der Wirtschaft unter Führung der IHK-Organisation der Bundesregierung einen Nationalen Pakt für Ausbildung vorgeschlagen. Sein Kernpunkt ist: Die Partner verpflichten sich in enger Zusammenarbeit mit den Ländern, gemeinsam und verbindlich allen ausbildungswilligen und -fähigen jungen Menschen ein Angebot zu unterbreiten. Dabei bleibt die Vermittlung in das duale Ausbildungssystem vorrangig. Auch Jugendliche mit eingeschränkten Vermittlungschancen sollen in die berufliche Ausbildung und das Berufsleben einsteigen. Konkret verpflichten sich DIHK, BDI und BDA im Jahresdurchschnitt 30.000 neue Ausbildungsplätze einzurichten. Gleichzeitig werden 25.000 Plätze für betrieblich durchgeführte Einstiegsqualifikationen bereitgestellt. Aber auch die Bundesregierung trägt ihren Part dazu bei und erhöht die Ausbildungsplätze in der Bundesverwaltung im Jahre 2004 um rund 20 Prozent. Damit wollen die Wirtschaft und die Bundesregierung die Ausbildungsleistung in den nächsten drei Jahren deutlich erhöhen.

Das Saarland als Vorreiter: Regionaler Pakt „Chancengarantie 2004“

Ein solcher Pakt für Ausbildung ist auf regionaler Ebene im Saarland bereits Anfang Juni 2004 durch die Landesregierung, die Organisationen der Wirtschaft sowie von der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit unterzeichnet worden. Damit setzen wir die erfolgreiche Arbeit im Rahmen der seit 2001 bestehenden „ Allianz für mehr Ausbildung“ fort. Und die Ergebnisse im Saarland sind beachtlich. Trotz einer – auch regional – schwierigen Ausbildungssituation schnitt das Land im vergangenen Jahr im bundesweiten Vergleich hervorragend ab. So lagen wir, bezogen auf die Relation von Angebot und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen, an der Spitze aller deutschen Länder: Auf 100 Bewerber kamen 98 Stellen. Ebenfalls spitze ist das Land bei der Ausbildungsdichte (Ausbildungsverträge im Verhältnis zu den Einwohnern) und weist damit erneut den höchsten Wert aller westdeutschen Flächenländer auf. Insgesamt lag zum Jahresende die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Saarland um 1,8 Prozent über dem Vorjahreswert, bei der IHK sogar um 4,9 Prozent.

Die Ergebnisse belegen, dass das gemeinsame Engagement aller Beteiligten der einzige erfolgversprechende Weg ist. Die einzelnen Maßnahmen wurden von den Medien vorbildlich unterstützt. Nur wenn die Politik, die saarländische Wirtschaft und die Arbeitsagenturen an einem Strang ziehen, können sie erneut einen Ausgleich auf dem saarländischen Ausbildungsmarkt herbeiführen. Einziger Wermutstropfen bleibt auch in diesem Jahr die Weigerung der Gewerkschaften, an dem regionalen Pakt mitzuwirken.

Im saarländischen Ausbildungspakt „Chancengarantie 2004“ sind vielfältige Aktivitäten zur weiteren Verbesserung der regionalen Ausbildungssituation vereinbart worden. Dazu gehört auch die von der Vollversammlung der IHK beschlossene „Agenda 5+5“, die – neben den bundesweiten Aktivitäten – fünf regionalspezifische Maßnahmen enthält. Diese sind u.a. der Einsatz von ehrenamtlichen Lehrstellenlotsen und -paten, die Einführung von Kompetenzchecks für unvermittelte Bewerber und die Organisation sogenannter „ Endspurtbörsen“. Für Jugendliche, die erhebliche Defizite aufweisen und deshalb nur bedingt ausbildungsfähig sind, bieten wir gemeinsam die Chance zur „Einstiegsqualifizierung“.

Aufruf an die Unternehmen: Lehrstellenpotenziale ausschöpfen

Das solidarische Zusammenwirken auf regionaler und auch auf nationaler Ebene stimmt zuversichtlich, unser ehrgeiziges Ziel zu erreichen. Für das Saarland bedeutet dies rund 300 neue Ausbildungsplätze und 200 Praktikumplätze für Einstiegsqualifizierungen. Der freiwillige Pakt ersetzt bürokratische Vorgaben durch partnerschaftliches Handeln und reduziert die Belastung für die Betriebe. Sie tragen dann nur rund ein Zehntel der ursprünglich veranschlagten drei Milliarden Euro bundesweit. Dies ergibt für die Saarwirtschaft eine Ersparnis von rd. 27 Millionen Euro. Der Pakt ist aber auch eine Verpflichtung für uns alle. Alle Vertragspartner übernehmen Verantwortung und haben verbindliche Zusagen gemacht, die jetzt erfüllt werden müssen. Damit hat die Wirtschaft die große Chance, eine Verstaatlichung der dualen Ausbildung zu verhindern.