BASEL II als Ursache für die Kreditklemme bei Existenzgründern?
Von IHK-Vizepräsident Dr. Max Häring
Kolumne
01.04.2005
Zutreffend ist, dass Basel II von den Banken neue Ratingmodule und eine erhöhte Transparenz von Kreditentscheidungen aufgrund eines detaillierten Stärken- und Schwächenprofils des kreditsuchenden Unternehmens erwartet. Insoweit werden – insbesondere im Hinblick auf Informationsverhalten und –a ufbereitung neue Anforderungen gestellt. Nicht nur vergangenheitsorientierte Bilanz- und Ertragszahlen sind künftig gefordert, sondern vor allem plausible Strategien, zeitnahe Daten, Planungsrechnungen mit nachvollziehbarer Prognosequalität sowie Nachweise eines belastbaren Managements.
Was bedeutet dies nun für Existenzgründer, die ja zwangsläufig noch keine ausgereifte Datenqualität haben, weil zum Zeitpunkt der Gründung noch keine Ist-Informationen über das Unternehmen vorliegen?
Hier gilt: Basel II wird den notwendigen und wichtigen Strukturwandel durch junge, innovative Unternehmen nicht behindern! Die Ratingverfahren der Banken sehen für Existenzgründer eigene Module vor, die die Besonderheiten des Firmenstadiums berücksichtigen. So gibt es zum Beispiel in der Deutschen Sparkassenorganisation ein eigenes Modul „ Existenzgründer“. Dieses wird angewandt für einen Zeitraum von max. 5 Jahren ab Gründung bis dann auf das Ratingmodul „ Firmenkunden und Gewerbekunden“ übergeleitet werden kann.
In der Gründungsphase, wenn nahezu keine Finanzinformationen über das Unternehmen vorliegen, kommt es entscheidend auf den Businessplan an. Bewertet werden außerdem Branchenkenntnisse und Erfahrungen des Gründers/Gründungsteams, die persönliche und fachliche Qualifikation, Produkteinschätzung und Konkurrenzsituation. Von den „harten“ Faktoren sind im Gründungsjahr das Eigenkapital und gegebenenfalls Angaben über die vorgesehene Finanzierungsstruktur (Förderdarlehen, Eigenkapitalhilfen) wesentlich.
Nach der Gründungsphase wird sich das Gewicht von den „weichen“ Faktoren zunehmend auf belastbare Finanzkennzahlen verschieben, wobei hier durchaus Spielraum für Toleranzen besteht. So kann zum Beispiel der Zeitraum für die Vorlage von Bilanzzahlen auf bis zu 21 Monate ausgedehnt werden, dann sollten zumindest vorläufige Zahlen vorliegen. In den Gründungsfolgejahren werden Abweichungen vom Businessplan, der Aufbau eines Planungssystems sowie das geschaffene Rechnungswesen (z. B. eine zeitnahe Debitorenbuchhaltung) zunehmend in die Ratingbewertung mit eingehen.
Im Übrigen bietet Basel II in jenen Fällen, in denen kein spezielles Existenzgründerrating angewandt wird, vereinfachte Standardverfahren für Kleinstunternehmen mittels derer die bei den Banken anzusetzenden Eigenkapitalkosten und die Ratingeinstufung ermittelt werden können.
Basel II ist für den Existenzgründer kein KO-Kriterium! Aber es wird dadurch richtiger Weise der Anstoß gegeben, Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren besser zu analysieren, indem sich Beteiligungs- und Kapitalgeber mit ihren Erfahrungen und ihrer breiten Informationsbasis umfassend und kompetent einbringen. Basel II ist ein fördernder Baustein für einen erfolgreichen Strukturwandel mit und nicht gegen Existenzgründungen.