BID – ja bitte !
Ein neues Instrument zur Finanzierung von
Citymarketingprojekten
Von Carl Jakob, Vizepräsident IHK Saarland
Kolumne
01.02.2004
Natürlich kommt BID aus dem Englischen. Und steht dort für „ Business Improvement District“ – ein Stadtquartier, in dem sich die Anwohner, meist Geschäftsleute, in besonderem Maße engagieren und – in dem besondere Regeln gelten. Dazu gehört, dass niemand sich ausschließen kann und mehrheitlich abgestimmt wird. Wenn eine Mehrheit der Grundbesitzer (und gegebenenfalls auch der Mieter) eines Stadtviertels beschließt, ein BID einzurichten, müssen alle Anlieger sich daran beteiligen. Voraussetzung dazu ist die Verabschiedung einer gemeinsamen Aktionsplanung und einer damit abgestimmten Beitragsordnung. Die Erhebung der Beiträge erfolgt über die sowieso laufenden Beitragsverfahren der Kommunen. Hierbei muss gewährleistet sein, dass die durch die Kommune erhobenen Beiträge auch in voller Höhe an die BIDs weitergegeben werden und keinesfalls in Gemeindehaushalten einfließen.
Freiwillig oder verpflichtend?
Ich selbst war lange Zeit skeptisch, ob wir in unserem
Lande tatsächlich mehr an verpflichtenden Regelungen brauchen.
Aber die leidvolle Erfahrung vieler Gewerbevereine und -verbände,
die zähen und oft wenig erfolgreichen Versuche,
Stadtmarketinggesellschaften zu gründen oder am Leben zu
erhalten, haben mich eines Besseren belehrt. Die Gründe sind
einfach:
- Ohne ausreichende Finanzgrundlagen laufen die meisten Initiativen bald ins Leere. Vieles Notwendige oder Wünschenswerte kann nicht oder nicht richtig gemacht werden.
- Die Motivation, die viele Geschäftsleute und Bürger mitbringen, erlahmt rasch, wenn es immer nur die Gleichen sind, die sich engagieren und ihren Finanzbeitrag leisten. Die Bereitschaft sich zu engagieren, sollte nicht gemindert werden durch die ermüdende Tätigkeit des Geldeintreibens z.B. für die Weihnachtsbeleuchtung.
- Die Initiative für ein BID geht immer von den Betroffenen selbst aus; sie entscheiden auch alleine darüber, was gemacht werden soll und in welcher Höhe und von wem Beiträge erhoben werden sollen. Erst wenn die Initiatoren eine klare Mehrheit von ihrem Projekt überzeugt haben, entsteht auch für die Überstimmten eine Zahlungspflicht.
Gesetzesänderungen notwendig
Nun steckt – anders als in den meisten angelsächsischen Ländern – die Idee einer aktiven Bürgergesellschaft in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Der Glaube, dass der Staat alles zu richten hat, ist hierzulande noch ziemlich ungebrochen. Umgekehrt werden Politik und Verwaltung oft schnell misstrauisch, wenn Bürgerengagement erkennbar über den privaten Bereich hinausgeht oder gar regelsetzend eingreift. Entsprechend ist solcherlei Tun in unseren Gesetzen bislang nicht vorgesehen. Um einmal ausprobieren zu können, ob das Modell der BIDs auch in Deutschland funktioniert, müsste man deshalb Gesetze ändern.
Bestrebungen dazu gibt es: Bundesminister Stolpe erklärte die BIDs zum „neuen Themenfeld“. Das Land Nordrhein-Westfalen hat erste Versuche unternommen. Und auch die saarländische Landesregierung verfolgt das Ziel, Gesetzesänderungen auf den Weg zu bringen, die die Einrichtung von BIDs im Saarland möglich machen würden.
Vorreiter Saarland?
Ein lebendiger und vielfältiger Einzelhandel in den Zentren ist die Grundvoraussetzung für Urbanität und Vitalität unserer Städte. Der Wettbewerb anderer Vertriebsformen (Grüne Wiese, zentralgemanagte Einkaufsmeilen), kommunale Fehlplanungen und kommunale Finanznot lassen den innerstädtischen Handel seit Jahren ausbluten. Der zu erwartende Bevölkerungsrückgang und die anhaltende öffentliche Finanznot werden diesen Prozess noch weiter beschleunigen. Die Zulassung von BIDs – die Indienstnahme der Bürger durch die Bürger – eröffnet die Chance, diesen Erosionsprozess zu stoppen und unseren städtischen Zentren wieder mehr Attraktivität zu verleihen. Das Saarland hat die Chance, dabei Vorbild und Vorreiter zu werden. Diese Chance sollten wir nutzen!