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Der Ball rollt bald – auch der Euro?

Handel trotz „Fußballfieber“ vor schwieriger Zukunft
Von Carl Jakob, Präsident des Landesverbandes Einzelhandel
und Dienstleistung e.V. und Vizepräsident der IHK Saarland
Kolumne

04.04.2006

Große Ereignisse werfen bekanntermaßen immer ihre Schatten voraus. So auch die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland! Dieses sportliche Großereignis soll auch dem Einzelhandel neuen Schwung verleihen. Rund 2,2 Milliarden Euro hofft der deutsche Einzelhandel durch die WM zusätzlich umzusetzen. Doch wird der Handel – und sicher auch die Gastronomie und die Hotellerie - während der WM wohl nur an den zwölf Spielstätten deutlich profitieren können, denn die vielen „Fußballtouristen“ werden sich vornehmlich im Umfeld der Spielstätten aufhalten. Dennoch: Obwohl das Saarland – da hier keine Spiele stattfinden - nicht direkt in das Geschehen eingebunden ist, bedeutet dieses Großereignis auch für den Handels durchaus die Chance, (zusätzliche) Umsätze zu generieren. So stieg z.B. die Nachfrage nach Fernsehgeräten der neusten Art bereits im Weihnachtsgeschäft stark an. Und auch andere Branchen hoffen auf eine verstärkte Nachfrage nach Produkten, die sich in irgendeiner Form mit der WM in Verbindung bringen lassen.

Mehrwertsteueranhebung und Neuregelung bei Minijobbern belasten Handel

Dem „Fußballfieber“ folgt aber schon bald die Ernüchterung durch die Mehrwertsteuererhöhung um drei auf 19 Prozent zum 1. Januar 2006. Die Auswirkungen dieser heftigen Erhöhung auf den Ertrag im Handel darf nicht unterschätzt werden. Eine Überwälzung auf den Endverbraucher ist aufgrund des harten Preiswettbewerbs im Einzelhandel kaum vorstellbar. Tatsache ist aber, dass selbst eine Umsatzsteigerung in 2007 um drei Prozent nicht ausreichen würde, um im Handel die Spannenverluste auszugleichen.

Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass der Einzelhandel mehrere Jahre benötigt, um eine Mehrwertsteuererhöhung an die Kunden weiterzugeben. Angesichts des Umfanges der Erhöhung, der allgemeinen Konsumschwäche und der hohen Wettbewerbsintensität im Einzelhandel ist dies besonders schwierig. Der Einzelhandel kann sich aufgrund der schmalen Renditen keinen Spannenverlust leisten. Insofern wird es in vielen Bereichen Preiserhöhungen geben. Darin besteht aber auch wieder die Gefahr in eine neue Teuro-Debatte zu geraten. Diese könnte am Ende eine weitere Kaufzurückhaltung zur Folge haben.

Auf der Kostenseite droht indessen weiteres Ungemach. Im Rahmen des Haushaltbegleitgesetzes hat das Bundeskabinett eine Anhebung der Pauschalabgaben für geringfügig Beschäftigte von 25 auf 30 Prozent beschlossen. Die Minijobs verlieren so erheblich an Attraktivität, da Arbeitgeber für einen Minijobber in Zukunft rund 9,5 Prozentpunkte mehr zahlen müssen als für einen „normalen“ sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Grund für die Maßnahme: Die Mehreinnahmen sollen den Bundeshaushalt entlasten, da u.a. eine Senkung des Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vorgesehen ist.

Viele Unternehmen werden künftig auf geringfügig beschäftigte Mitarbeiter verzichten, ohne dabei sozialversicherungspflichtige Beschäftigte einzustellen. Selbst die Bundesregierung geht davon aus, dass es einen Rückgang der Minijobs in der Größenordnung von zehn Prozent der Lohn- und Gehaltssumme geben wird. Die Erhöhung der Pauschalabgaben in Kenntnis dieser Arbeitsmarktwirkungen bedeutet eine vorsätzliche Vernichtung legaler Beschäftigung und Zunahme der Schwarzarbeit. Die Anhebung der Pauschalabgaben auf Minijobs konterkariert das erklärte Ziel der Bundesregierung, den Faktor Arbeit zu entlasten.

Bleibt wenigstens zu hoffen, dass alle anderen Maßnahmen der Bundesregierung für die Wirtschaft positivere Effekte haben werden.