Die Saarwirtschaft zur Jahreswende: Im Jahr 2005 besser als der Bund, gute Wachstumschancen auch für 2006
Exportwirtschaft erneut Wachstumsmotor
15.12.2005
Beim Wachstum sei der klare Vorsprung der Saarwirtschaft vom ersten Halbjahr zwar etwas zusammengeschmolzen. „Am Ende wird jedoch ein deutliches Plus zugunsten des Landes bleiben. Wir rechnen für das Saarland,“ so Dr. Weber, „mit einer Wachstumsrate zwischen 1,5 und 2 Prozent. Das wäre dann rund ein Prozentpunkt mehr als im Bund – und ein prima Ergebnis.“
Auch die Chancen für 2006 beurteilt die IHK verhalten optimistisch: Im Bund werde die Konjunktur – nicht zuletzt aufgrund der steuerpolitischen Vorhaben – weiter anziehen. Hauptmotor bleibe der Export. Die Saarwirtschaft werde davon profitieren und etwa im Gleichschritt mit der Bundesentwicklung vorankommen. „Wahrscheinlich ist aus unserer Sicht“, so Giersch, „ ein Saar-Wachstum in der Größenordnung von rund 1,5 Prozent.“
Erfreulich sei – so die IHK –, dass sich die Konstitution der Saarwirtschaft in den vergangenen Jahren weiter verbessert habe. Vor allem in der Industrie schlage der Modernisierungs- und Innovationsprozess positiv zu Buche. So hätten die Saar-Unternehmen ihre Erfolge auf den Auslandsmärkten nochmals steigern können: Gut 44 Prozent des gesamten Umsatzes würden inzwischen außerhalb Deutschlands erzielt. Bundesweit seien es nur rund 40 Prozent.
Starker Aufwind bei Stahl und Fahrzeugbau
Bei den Umsätzen verzeichnete die Saarindustrie in den ersten drei Quartalen 2005 deutlich höhere Zuwächse als die bundesdeutsche Konkurrenz (Saar: + 12,2 Prozent, Bund: + 4,3 Prozent). In den industriellen Kernbereichen lagen die Ergebnisse sogar noch erheblich darüber, so in der Stahlindustrie (Saar: + 29 Prozent; Bund: + 15 Prozent) und im Fahrzeugbau (Saar: + 15,9 Prozent; Bund: + 4,5 Prozent). Da beide Branchen im Saarland ein sehr hohes Strukturgewicht haben (zusammen rund 57 Prozent der Industrieumsätze), schlägt die günstige Branchenentwicklung voll auf das Gesamtergebnis durch. Positive Impulse kamen auch von den Gießereien, während die Ergebnisse im Maschinenbau, im Stahl- und Leichtmetallbau sowie im Ernährungsgewerbe etwas hinter den Bundesergebnissen zurückblieben. Gut entwickelt haben sich auch einige Dienstleistungsbereiche – insbesondere solche mit überregionalem Absatz. Dazu zählen vor allem die IT-Branche und das Versicherungsgewerbe.
Noch keine Wende auf dem Arbeitsmarkt
Insgesamt waren die Auftriebskräfte jedoch nicht stark genug, eine Wende auf dem Arbeitsmarkt herbeizuführen. Die Arbeitslosenquote lag im November mit 10,9 Prozent um einen Prozentpunkt über ihrem Vorjahreswert und geringfügig über dem Vergleichswert für die westdeutschen Bundesländer. Der Abstand hat sich allerdings verringert: von 0,6 Punkten in 2004 auf jetzt 0,4 Punkte. Im Ranking der Arbeitslosenquoten belegt das Saarland weiter einen guten fünften Platz hinter Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und Hessen.
Sorge bereitet auf Bundes- wie auf Landesebene der anhaltende Abbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse. Erstmals seit der Jahrtausendwende verlief die Entwicklung im Saarland dabei wieder etwas ungünstiger als bundesweit (Saar: - 1,6 Prozent, Bund: - 1,2 Prozent). Entscheidend dafür war der Arbeitsplatzabbau im Bergbau; allein hier sind 700 Stellen (9,4 Prozent) weggefallen. Im verarbeitenden Gewerbe fiel der Beschäftigungsverlust im Saarland dagegen weniger stark aus (Saar: - 1,3 Prozent, Bund: - 2 Prozent). Hier konnten die Stahlindustrie und die Gießereien sogar gegen den Trend Beschäftigung aufbauen. Dafür traf es die Dienstleistungsbereiche Handel (- 1,3 Prozent zu - 0,8 Prozent im Bund) und Gastgewerbe (- 2,2 Prozent zu - 0,7 Prozent) umso härter. Hinzu kommt, dass in den Dienstleistungsbereichen mit positiver Beschäftigungsentwicklung der Anstieg im Saarland hinter dem Bundeszuwachs zurückblieb. So etwa bei den unternehmensnahen Dienstleistern (Saar + 1,6 Prozent, Bund + 2,1 Prozent).
Eine positive Bilanz zieht der IHK-Präsident für die diesjährige Ausbildungsplatzinitiative. Im Saarland sei die Zahl der Ausbildungsverträge gegenüber dem Vorjahr um 0,8 Prozent gestiegen. Gegenüber 2003, dem letzten Jahr vor dem Ausbildungspakt, betrage der Zuwachs gar 7,6 Prozent. Der Ausbildungspakt sei also ein Erfolgsmodell. “Durch intensive Ansprache der Unternehmen ist es uns in diesem Jahr gelungen, mehr als 400 Betriebe zu gewinnen, die erstmals oder nach längerer Unterbrechung wieder ausbilden. Und schon seit Jahren erreichen wir im Saarland Spitzenplätze bei der Zahl der gewerblichen Ausbildungsplätze. Dies gilt insbesondere für den Zuständigkeitsbereich unserer IHK“, so Dr. Weber.
Mit verhaltenem Optimismus ins nächste Jahr
Nachdem die Konjunktur in den letzten Monaten an Fahrt gewonnen hat, spricht vieles dafür, dass sich diese Entwicklung auch in den kommenden Monaten fortsetzen wird: Die anhaltend stabile Weltkonjunktur, bessere Abschreibungsbedingungen auf Investitionen sowie Vorzieheffekte wegen der für 2007 angekündigten Erhöhung der Mehrwertsteuer können sogar zu einer Beschleunigung des Aufschwungs führen. Diesen Chancen stehen aber auch Risiken gegenüber. Hierzu zählen vor allem der Ölpreis, die anstehenden Tarifrunden und die weiterhin labile Binnennachfrage. „In Abwägung aller Chancen und Risiken erwarten wir aber“, so Dr. Weber, „dass Deutschland 2006 ein höheres Wachstum erreichen wird als im laufenden Jahr. Wir rechnen mit einem Zuwachs in der Größenordnung von 1,5 Prozent. Allerdings sollten wir nicht vergessen, dass der durch steuerpolitische Sonderfaktoren ausgelösten Welle dann 2007 eine Delle folgen kann.“
Auch an der Saar sind die Aussichten für eine Fortsetzung des Aufschwungs gut. Indiz hierfür sind die Geschäftserwartungen der Unternehmen, die für das kommende Halbjahr ganz überwiegend eine gleich bleibende oder sogar bessere Entwicklung signalisieren.
- In der Stahlindustrie hält die vom Stahlhunger Chinas ausgehende Branchenkonjunktur weiter an. Die weltweit im Aufbau befindlichen Kapazitäten erhöhen zwar inzwischen das Stahlangebot. Doch diese Quantitäten stellen für die auf High-tech Qualitätsstähle spezialisierten Saarhütten noch keine ernsthafte Konkurrenz dar.
- Im Fahrzeugbau und bei den Herstellern von langlebigen Gebrauchsgütern ist im nächsten Jahr mit vorgezogenen Käufen wegen der Mehrwertsteuererhöhung 2007 zu rechnen. Davon dürften insbesondere auch die saarländischen Kfz-Zulieferer profitieren, die mit ihren Produkten weiterhin gut im Markt liegen. Auch bei Ford rechnet man damit, dass die Nachfrage nach Focus und CMax in der zweiten Jahreshälfte anziehen wird.
- Positive Impulse sind auch weiterhin von der IT-Branche und den Versicherungen zu erwarten. Beim Handel dürften sich die steuerbedingten Vorzieheffekte ähnlich positiv bemerkbar machen wie im Bund.
- Dämpfend auf Wachstum und Beschäftigung wird sich die Schließung der Grube Warndt auswirken.
Deutlich mehr Reformschwung nötig
Trotz der absehbaren Belebung wird die Lage auf dem Arbeitsmarkt weiterhin angespannt bleiben. „Es wäre schon viel gewonnen,“ so Giersch, „ wenn es im Laufe des Jahres gelingen würde, den Abbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse zum Stillstand zu bringen.“
Das kann aus IHK-Sicht nur gelingen, wenn die Bundesregierung das nächste Jahr nutzt, um wachstumsfördernde Reformen auf den Weg zu bringen. Vorrang müssten dabei haben:
- die Senkung der Unternehmenssteuern,
- Reformen der Kranken- und Pflegeversicherung sowie
- die Schaffung eines funktionsfähigen Arbeitsmarktes im Niedriglohnsegment.
Grafiken zur Wachstums- und Beschäftigungentwicklung
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