Exzellenz durch Wettbewerb
IHK-Hauptgeschäftsführer Volker Giersch plädiert für eine
Neugestaltung der Hochschullandschaft
Kommentar
01.02.2004
An dieser Initiative überzeugt vor allem eines: der Mut, das Thema Elite-Ausbildung endlich offensiv zu diskutieren. Und das ist dringend nötig. Denn es mangelt hierzulande an Top-Ausbildungsgängen für überdurchschnittlich Begabte. Unsere klügsten Köpfe wandern an renommierte ausländische Hochschulen ab, weil es für sie in Deutschland keine hinreichend attraktiven Angebote gibt. Zurzeit studieren bereits mehr als 100.000 junge Deutsche im englischsprachigen Ausland – Tendenz steigend.
In der aktuellen Diskussion darf es freilich nicht allein um die Bildung von Eliten gehen. Wichtiger noch ist, dass wir für die Hochschulen in der Breite endlich eine durchgreifende Qualitäts- und Effizienzoffensive starten. Wir dürfen unsere „ Brutstätten des Geistes“ nicht länger zu Vergeudungsstätten von Lebenszeit und Steuergeld verkommen lassen. Deshalb ist beides nötig: mehr Exzellenz in der Spitze und mehr Qualität in der Breite.
Marktwirtschaft statt Planwirtschaft
Unser Schul- und Hochschulsystem ist seit jeher stärker plan- als marktwirtschaftlich geprägt. Die Länder finanzieren die Hochschulen und nehmen über ihre Kultusbürokratien prägenden Einfluss auf deren Strukturen und Leistungsprofile. Eine staatliche Behörde – die ZVS – verteilt die Studenten auf die einzelnen Hochschulen. Diese selbst verfügen bislang nur über einen stark eingeschränkten Handlungsspielraum. Sie brauchen ihn auch nicht zwingend. Denn Wettbewerb zwischen ihnen findet hierzulande kaum statt. Da kann es nicht verwundern, dass flächendeckende Mittelmäßigkeit vorherrscht und Exzellenz fehlt.
Was zu tun ist, liegt auf der Hand: Wir müssen die Hochschulen endlich vom Gängelband des Staates befreien und sie den Gesetzen des Marktes unterwerfen. Das entscheidende Steuerungselement dazu heißt Studiengebühren. Nur wenn die Nachfrage das Angebot steuert, kommt ein vitaler und schöpferischer Wettbewerb zwischen den Hochschulen zustande, der den nötigen Qualitätssprung bringt.
Der Wandel hin zu einem Wettbewerbssystem ließe sich wie folgt gestalten:
- Die gesetzgeberische Kompetenz für die Hochschulen wird vollständig den Ländern übertragen. Das Hochschulrahmengesetz des Bundes, die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau und die ZVS werden abgeschafft.
- Die Länder gewähren den Hochschulen eine weitreichende Gestaltungsfreiheit, die ein hohes Maß an Finanz- und Personalautonomie ebenso einschließt wie das Recht, die Angebotsprofile eigenständig zu bestimmen, die Studenten selbst auszusuchen und Studiengebühren zu erheben. Dieser Freiraum ist nötig, damit sich die Hochschulen mit eigenen Strategien am Markt positionieren können.
- Die Länder gewährleisten für eine mehrjährige Übergangsphase noch die Grundfinanzierung der Hochschulen – dies möglichst in unverminderter Höhe. Über Zielvereinbarungen stellen sie – wie im Saarland bereits geschehen – sicher, dass regionalpolitische Ziele angemessen Berücksichtigung finden.
- Auf der Zeitachse schmelzen die Länder ihre direkten Mittelzuweisungen an die Hochschulen schrittweise ab. Die frei werdenden Mittel fließen in voller Höhe – etwa in Form von Bildungsgutscheinen – an die Studenten. Diese können sie bei der Hochschule ihrer Wahl einlösen.
- Finanzschwache Studenten erhalten die Möglichkeit, die Kosten für Studium und Lebensunterhalt über großzügige staatlich verbürgte Kredite zu finanzieren, die sie erst abzahlen, wenn sie über ein regelmäßiges Einkommen verfügen.
In einem solchen System werden sich die Hochschulen rasch zu kundenorientierten Bildungsunternehmen wandeln, die Studierwillige als Kunden umwerben. Über einen qualitätsorientierten Wettbewerb bilden sich dann attraktive Angebote für Begabungen aller Art – nicht durch staatliches Dekret, sondern ganz von selbst.
Erfolgreichen Hochschulen eröffnet sich die Chance, sich zusätzliche Finanzierungsquellen zu erschließen. Wo Exzellenz vorhanden ist, da sind private Mäzene nicht fern, die über Stiftungen und Spenden zur Finanzierung beitragen. Das zeigt die Erfahrung im Ausland.
Günstige Finanzierungsoptionen werden sich bald auch den Studenten, vor allem den talentierteren, auftun. In Ländern wie den USA und Australien umwerben die profilierten Talentschmieden hochbegabte Studenten mit gutdotierten Stipendien, attraktiven Unterkünften und Freizeitangeboten. In Harvard etwa bekommen 60 Prozent der Studenten Stipendien und Darlehen.
Setzen wir in der Hochschulpolitik also möglichst rasch auf die gestaltende Kraft von Markt und Wettbewerb. Unsere Kinder und Enkel haben bessere Bildungschancen verdient als wir sie ihnen heute bieten – die Hochbegabten ebenso wie alle anderen.