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Finanzierungsmöglichkeiten des Mittelstandes müssen verbessert werden!

IHK-Sonderumfrage: 40 Prozent der Unternehmen sehen sich in
ihrer Entwicklung beeinträchtigt

08.06.2004

Die Finanzierungsprobleme der mittelständischen Wirtschaft haben sich in den vergangenen Jahren nochmals verschärft. Sie erweisen sich auch und gerade zu Beginn der konjunkturellen Erholung zunehmend als Wachstumsbremse. Zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen können ihre Marktchancen, insbesondere auch auf ausländischen Märkten, aufgrund finanzieller Engpässe nicht voll nutzen. Das ist das Ergebnis einer Sonderumfrage der IHK Saarland in diesem Frühjahr. Danach gaben knapp 70 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sich ihre Möglichkeiten der Kreditfinanzierung in den vergangenen drei Jahren verschlechtert haben. Rund 40 Prozent der Unternehmen sehen sich durch Schwierigkeiten bei der Finanzierung in ihrer Entwicklung gebremst, sieben Prozent sogar stark.

Bestimmend für die Finanzierungsprobleme des Mittelstandes ist aus IHK-Sicht ein Bündel von Ursachen. Dazu zählen insbesondere

  • die geringe Eigenkapitalbasis der Unternehmen. Sie erhöht die Krisenanfälligkeit und wirkt sich negativ auf die Bonitätsbeurteilung aus,
  • das vergleichsweise geringe Niveau der Umsatzrenditen in Deutschland, das Folge der zu hohen Arbeitskosten und der zu hohen Regulierungsdichte ist,
  • die im internationalen Vergleich nach wie vor zu hohe Steuerbelastung der Unternehmen, die die Eigenfinanzierungsmöglichkeiten der Unternehmen stark beschneidet,
  • die insgesamt restriktivere Kreditvergabe der Banken, die im Zusammenhang mit dem verschärften Wettbewerb auf den internationalen Kapitalmärkten steht,
  • die in Deutschland noch unterentwickelte Kultur der Beteiligungsfinanzierung.
„Die Unternehmensgewinne sind zu niedrig. Ihre Besteuerung ist zu hoch. An diesen Ursachen müssen wir ansetzen, wenn wir das Problem nachhaltig lösen wollen. Zudem gilt es, in wesentlich höherem Maße als bisher, privates Risikokapital für die Unternehmensfinanzierung zu mobilisieren“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Volker Giersch. „Moralische Appelle an die Kreditinstitute und Bankenschelte helfen dagegen nicht weiter.“ Festzustellen sei vielmehr, dass die deutschen Kreditinstitute bei der Unternehmensfinanzierung in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten stärker ins Risiko gegangen seien als das in vielen anderen Ländern der Fall war.

Eine Agenda zur Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten muss aus IHK-Sicht mindestens fünf Elemente umfassen:

1. Dämpfung des Anstiegs der Arbeitskosten

Der Anstieg der Löhne und Lohnnebenkosten muss in den nächsten Jahren hinter dem Anstieg der Produktivität zurückbleiben, damit sich die Gewinnmargen der Unternehmen schrittweise dem durchschnittlichen Niveau in erfolgreichen Industrieländern anpassen können.

2. Senkung der Steuerbelastung

Die steuerliche Belastung der Unternehmen muss auf das Niveau der wichtigsten Konkurrenzländer zurückgeführt werden. Der Grenzsteuersatz ist insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen mit 44 Prozent weiterhin deutlich zu hoch.

3. Bessere Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterbeteiligung

Der Staat muss durch geeignete steuerliche Rahmenbedingungen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass privates Anlagekapital verstärkt in die mittelständische Wirtschaft fließt. Das kann unter anderem dadurch geschehen, dass Arbeitnehmern die Beteiligung am Kapital der Unternehmen erleichtert wird. Gegenwärtig kann ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern für den Erwerb von Unternehmensanteilen jährlich einen steuer- und sozialabgabenfreien Zuschuss von 135 Euro gewähren (bis Ende 2003 betrug der Zuschuss noch 154 Euro). “Wer will, dass Deutschland bei der Mitarbeiterbeteiligung Anschluss findet an andere Länder, muss diesen Zuschuss erhöhen: von 135 Euro jährlich auf 135 Euro monatlich“, so Giersch. Die IHK stellt sich damit ausdrücklich hinter eine Bundesratsinitiative des saarländischen Wirtschaftsministers.

4. Wesentlichkeitsgrenze bei Beteiligungen von Privatpersonen anheben

Deutlich erhöht werden sollte auch die Grenze, ab der Kapitalbeteiligungen von Privatpersonen an mittelständischen Unternehmen als wesentlich bestimmt werden und insofern steuerpflichtig sind. Seit Anfang 2002 liegt diese sogenannte Wesentlichkeitsgrenze bei einem Prozent, bis 1999 betrug sie noch 25 Prozent. Heute muss deshalb jemand, der mit über einem Prozent an einer GmbH beteiligt ist und seine Anteile mit Gewinn verkauft, diesen Veräußerungsgewinn versteuern. Das ist nicht nur eine Diskriminierung gegenüber der Aktienanlage, es erschwert auch das Geschäft der Business Angels, die junge Unternehmen mit Geld und Rat unterstützen wollen. Um ihnen die Finanzierung zu erleichtern, sollte die Wesentlichkeitsgrenze auf wenigstens 20 Prozent aufgestockt werden.

5. Attraktive steuerliche Bedingungen für Beteiligungsgesellschaften

Wichtig ist es zudem, die steuerlichen Bedingungen für Beteiligungsgesellschaften zu verbessern. In diesem Zusammenhang sollten auch die immer noch bestehenden Unklarheiten hinsichtlich der Abgrenzung von gewerblichen und vermögensverwaltenden Fonds beseitigt werden.

Während es in den USA bewährte Praxis ist, dass Pensionsfonds, Beteiligungsgesellschaften und Privatanleger Kapital in mittelständischen Unternehmen anlegen, hat der Staat dieses Geld in Deutschland über Steuervergünstigungen jahrzehntelang in den Bau von Wohnungen, Schiffen und Containern und sonstige Abschreibungsprojekte gelenkt. Trotz der inzwischen realisierten Reformen trifft dieser Befund dem Grunde nach auch heute noch zu. Dies gilt es zu ändern. Wünschenswert wäre es zudem, zumindest für eine Übergangszeit, steuerliche Präferenzen für die Kapitalbeteiligung an kleinen und mittleren Unternehmen zu gewähren.

Die IHK begrüßt die Bestrebungen der Landesregierung, auf Bundesebene zu entsprechenden gesetzlichen Änderungen zu kommen.

Weitere Informationen:
Volker Giersch
(06 81) 95 20-1 00