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Gasversorgung: Funktionierender Markt ist die beste Absicherung

Thema der Woche

21.08.2014

Die Krise in der Ukraine dauert an. Als Reaktion auf die Sanktionen der Europäischen Union hat die Russische Föderation Einfuhrbeschränkungen für Lebensmittel aus Europa beschlossen. Zunehmend greift die Sorge um sich, dass auch die russischen Erdgaslieferungen zum Gegenstand des Streites werden könnten.

Deutsche Unternehmen auf sichere Gasversorgung angewiesen
Gut die Hälfte des jährlichen Gasverbrauchs in Deutschland von knapp 1.000 Terawattstunden entfällt auf die Wirtschaft. Gas wird in industriellen Prozessen genauso benötigt wie zur Wärmeversorgung von Bürogebäuden. Das Gas stammt nur zu etwa zehn Prozent aus heimischer Produktion, die zudem seit Jahren rückläufig ist. Würden sämtliche Importe aus Russland über Nacht ausbleiben, wäre dies spätestens im Winter 2015/2016 ein Problem für viele Unternehmen und für die Versorgung der Gaskraftwerke. Auch die Stromversorgung könnte also in Mitleidenschaft gezogen werden.

Energiepartnerschaft mit Russland funktioniert
Russland ist einer der wichtigsten Partner für die deutsche Rohstoffversorgung, aber bei Weitem nicht der einzige Lieferant. Der Anteil russischer Gasimporte macht in Deutschland 38 Prozent aus. Allen Unkenrufen zum Trotz: Derzeit besteht kein Anlass, die Vertragserfüllung durch Russland und damit die Versorgungsicherheit mit Gas, aber auch mit Erdöl in Zweifel zu ziehen. Die Partnerschaft mit Russland bei der Rohstoffversorgung hat auch während vergangener Krisen immer funktioniert.

Versorgung in Deutschland ist derzeit sicher, …
Russland kann sich für sein Erdgas kurzfristig keine neuen Abnehmer suchen, da es keine Pipelines Richtung Osten gibt. Die kürzlich mit China vereinbarten Gaslieferungen sollen aus neuen Feldern und über andere Pipelines bestritten werden. Davon abgesehen lässt sich die Gasförderung an der Quelle nicht einfach stoppen, wenn man sichergehen will, dass bei der späteren Wiederaufnahme der Förderung keine technischen Schwierigkeiten auftreten. Nicht zuletzt muss jeder Lieferant seine langfristige Vertrauenswürdigkeit unter Beweis stellen. Gassperren wären ein Alarmsignal für Marktteilnehmer weltweit und funktionieren als Druckmittel allenfalls kurzfristig. Das zeigen die Ölkrisen aus den Siebzigerjahren. Ein „unsicheres Produkt“ ließe sich in der Folge nur noch gegen hohe Abschläge verkaufen. Eine „Versicherung“ bilden zudem die deutschen Gasspeicher. Ihre Kapazität erlaubt eine Versorgung für etwa 80 Tage, wenn sämtliche Importe ausblieben – bei einem Teilausfall reichen sie notfalls deutlich länger.

… trotzdem besteht Verbesserungsbedarf

Klar ist: Der Ausbau erneuerbarer Energien trägt zur Versorgungssicherheit bei. Dennoch: Die heimischen Energierohstoffe und die Diversifizierung der Lieferstrukturen sollten stärker in den Blick genommen werden. An vielen Stellen in Europa wird die Gasinfrastruktur ausgebaut: Neue Fernleitungen entstehen ebenso wie neue Speicher und Flüssiggasterminals, an denen Gas aus aller Welt – künftig auch aus den USA – angelandet werden kann. Politisches Augenmerk sollte darauf gelegt werden, diese Maßnahmen tatsächlich rasch zu realisieren. Langfristig ist ein international funktionierender Gasmarkt der beste Weg zu einer sicheren Versorgung mit Energierohstoffen. Dieser muss politisch konsequent von der geplanten EU-Strategie für eine sichere Versorgung flankiert werden, die auf Vollendung des Binnenmarkts sowie Lieferanten- und Rohstoffvielfalt setzt.

Ansprechpartner:    
Till Bullmann, DIHK Berlin, Telefon 030 20308-2206
Dr. Sebastian Bolay, DIHK Berlin, Telefon 030 20308-2202