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Halbstark

Im Blickpunkt
Von Dr. Heino Klingen

11.05.2018

Beim Wirtschaftswachstum hinkt das Saarland seit Jahren der Entwicklung im Bund hinterher. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Mit kluger Politik könnte der Trend aber gebrochen werden.

 

Es hilft nichts, unangenehme Wahrheiten zu verschweigen. Im alltäglichen Leben mag das noch angehen, in der Politik grenzt das allerdings an Selbstbetrug. Und über kurz oder lang ist ein solches Verhalten sogar schädlich. Deshalb ist es allemal besser, auch den nicht so erfreulichen Tatsachen ins Auge zu sehen. Denn nur so können Fehlentwicklungen korrigiert werden.

 

Zu diesen für das Saarland wenig erbaulichen Wahrheiten gehört, dass es beim Wirtschaftswachstum seit einem Vierteljahrhundert der Bundesentwicklung hinterherhinkt. Es gab zwar immer mal wieder Jahre, in denen das Wachstum an der Saar kräftiger ausfiel als im Bundesschnitt. Etwa kurz vor und nach der Jahrhundertwende als das Saarland beim Wirtschaftswachstum fünfmal hintereinander vor dem Bund lag. Doch unter dem Strich ist das Ergebnis enttäuschend: Während Gesamtdeutschland für die Jahre von 1991 bis 2017 auf ein jährliches reales Wachstum von 1,4 Prozent kommt, stieg die wirtschaftliche Leistung im Saarland in dieser Zeit nur um 0,7 Prozent pro Jahr.


Zu den unangenehmen Wahrheiten gehört leider auch, dass das Saarland trotz des vergleichsweise guten Wachstums seit 2010 mit realen Zuwächsen von 1,2 Prozent jährlich immer noch nicht das Leistungsniveau der Vorkrisenzeit erreicht hat. Dem Bund gelang das bereits 2011. Und auch bei dem gemeinhin als Wohlstandsindikator benutzten Bruttoinlandsprodukt je Einwohner hat das Saarland das Nachsehen. Lag diese Kennzahl in den Jahren nach der Wiedervereinigung noch über dem Bundesschnitt, so befindet sie sich aktuell rund zehn Prozentpunkte darunter. Und das trotz des deutlichen Rückgangs der Bevölkerung hierzulande.

 

Es gibt eine ganze Reihe von Gründen für diese Entwicklung. Da ist zunächst die hohe Exportneigung unserer Industrie. Diese ist zweifellos ein großer Pluspunkt. Denn wo stünde das Saarland heute, wenn unsere Industrie nicht die Chancen der Globalisierung genutzt hätte. Dadurch konnte das Exportvolumen in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten verdreifacht werden, während das saarländische BIP in dieser Zeit nur um 60 Prozent anstieg. Wie alles hat aber auch der Export nicht nur Vorteile. Die Schattenseiten zeigen sich immer dann, wenn es in der Weltwirtschaft nicht rund läuft und der Welthandel nur mäßig wächst. Denn dann dämpft das hierzulande die Wachstumsentwicklung viel stärker als in anderen Bundesländern. Man denke nur an das Jahr 2009, als die Wirtschaftsleistung an der Saar im Zuge der weltweiten Wirtschaftskrise um über ein Zehntel schrumpfte.

 

Ein zweiter Grund ist die negative demografische Entwicklung im Saarland. Wegen des Geburtendefizits und der anhaltenden Abwanderung in andere Bundesländer ist die Bevölkerungszahl seit Anfang der 90er Jahre um über sieben Prozent gesunken. Das sind rund 80.000 Menschen, die fehlen – die weder hier einkaufen noch Dienstleistungen nachfragen oder Häuser bauen. Das erklärt, warum vom privaten Verbrauch und aus der Bauwirtschaft kaum reale Wachstumsimpulse kommen.

 

Hinzu kommt drittens die notorische Investitionsschwäche des Landes und der saarländischen Kommunen. In diesem Zusammenhang haben wir bereits mehrfach auf den enormen Investitionsrückstand zu den Flächenländern hingewiesen. Auch wenn dieser statistisch kleiner sein sollte –manche öffentlichen Investitionen werden entweder gar nicht oder nur unzureichend erfasst– dürfte das nur wenig an der Tatsache ändern, dass die öffentlichen Investitionen sich hierzulande nur unterdurchschnittlich entwickelt und deshalb auch nur einen überschaubaren Wachstumsbeitrag geleistet haben. Dies gilt im Übrigen auch für die privaten Investitionen, die je Kopf gerechnet im verarbeitenden Gewerbe zwar deutlich über dem Bundesschnitt liegen, sich aber seit 2009 merklich schwächer entwickelt haben als auf Bundesebene (Bund +32 Prozent, Saarland +10 Prozent seit 2009).

 

So unerfreulich alle diese Entwicklungen auch sind – naturgegeben sind sie nicht. Sie lassen sich korrigieren – mit strategischem Weitblick, mit kluger Politik und Mut zu Reformen. So wird es ganz entscheidend darauf ankommen, die vom übernächsten Jahr an fließenden Mittel aus dem Bund-Länder-Finanzausgleich über öffentliche Investitionen zur Stärkung der Wirtschaftskraft einzusetzen.

 

Ein zweites ist die Verbesserung der Standortattraktivität. Ministerpräsident Tobias Hans hat in seiner Regierungserklärung zu Recht darauf hingewiesen, dass in den saarländischen Niederlassungen großer Konzerne ein harter unternehmensinterner Wettbewerb herrscht, wo investiert wird. Um in diesem Standortwettbewerb bestehen zu können und bei den privaten Investitionen nicht noch weiter zurückzufallen, brauchen wir möglichst rasch ein Standortaufwertungsprogramm, mit dem auch die hohen Standortkosten angegangen werden. Investitionen müssen sich hierzulande wenigstens so gut rechnen wie in anderen Regionen.

 

Und schließlich sollten wir alles dafür tun, damit das Saarland Zuwanderungsland wird. Nicht nur um den sich verschärfenden Fachkräftemangel auszugleichen, sondern auch um über diese Flanke für mehr Wachstum zu sorgen.