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IHK: Saarwirtschaft knapp im Bundestrend

Dr. Weber: „Standortaufwertung im Saarland muss weitergehen“

15.05.2002

„Das Saarland wird es in diesem Jahr schwer haben, bei Wachstum und Beschäftigung mit der Bundesentwicklung Schritt zu halten.“ Diese Einschätzung vertrat IHK-Präsident Dr. Richard Weber anlässlich der Jahrespressekonferenz der IHK Saarland am 13. Mai. Zwar würden die Anpassungen im Bergbau aller Voraussicht nach weniger gravierend ausfallen als in den Vorjahren. Dafür fielen jedoch mit der Stahlindustrie und dem Fahrzeugbau zwei strukturprägende Branchen an der Saar weitgehend als Wachstumsmotoren aus. In der Stahlindustrie dämpften nach dem guten Vorjahresergebnis die flaue Weltkonjunktur und der verstärkte Wettbewerbsdruck aus Asien und Osteuropa die weiteren Wachstumsaussichten. Im Fahrzeugbau sähen sich derzeit nahezu alle deutschen Hersteller sinkenden Auftragseingängen gegenüber. Dr. Weber: „Das trifft auch die saarländischen Unternehmen, obwohl diese mit ihren Produkten weiterhin in der Summe relativ gut im Markt liegen und wohl erneut besser abschneiden werden als die Bundesbranche“. Insgesamt würden die Beiträge des Fahrzeugsbaus zu Wachstum und Beschäftigung eher bescheiden ausfallen.

Die Dienstleistungsbereiche, die im vergangenen Jahr mit überdurchschnittlichen Zuwächsen entscheidend dazu beigetragen hätten, dass die Saarwirtschaft an der Saar schneller gewachsen ist als im Bund, ließen bisher keine Anzeichen dafür erkennen, diese Dynamik fortsetzen zu können. Dies gelte auch für die Informations- und Kommunikationstechnik. Nach der Euphorie der letzten Jahre befindet sich die Branche in einer schwierigen Konsolidierungsphase. Davon seien auch die saarländischen Unternehmen nicht ausgenommen; nennenswerte Impulse für Wachstum und Beschäftigung seien entsprechend kaum zu erwarten. Auch die Bauwirtschaft werde sich, wenn überhaupt, nur sehr langsam von der Talsohle lösen können. Für eine verhaltene Entwicklung, gerade im Saarland, spreche neben dem rückläufigen privaten Wohnungsbau vor allem die schwache Finanzkraft der Saar-Kommunen.

Auf dem Arbeitsmarkt erwartet die IHK bundesweit ein Anhalten des Arbeitsplatzabbaus. „Im vergangenen Jahr hat das Saarland rund 4.900 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse verloren“, so Dr. Weber. „Es ist durchaus möglich, dass sich der Arbeitsplatzverlust auch in diesem Jahr in dieser Größenordnung bewegt“.

Standortbedingungen in Deutschland haben sich eher verschlechtert

Heftig kritisiert die IHK die Versäumnisse und Fehler in der Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik der Bundesregierung. Diese seien der Hauptgrund dafür, dass Deutschland im Ländervergleich immer schlechter abschneide und seit Jahren am Ende des Wachstumszuges rangiere. Nach der jüngsten Studie des renommierten Lausanner Instituts für Wirtschaftsforschung belege die Bundesrepublik in puncto Wettbewerbsfähigkeit heute nur noch Rang 15 von 50 Ländern und sei damit allein in einem Jahr nochmals um drei Plätze abgerutscht. Zum gleichen Ergebnis kommt auch die Standortumfrage des DIHK vom Jahresbeginn. „Um Deutschland im internationalen Konzert wieder voran zubringen, sind aus Sicht der deutschen IHKs grundlegende Reformen bei den sozialen Sicherungssystemen und in der Arbeitsmarktpolitik ebenso dringend erforderlich, wie weitere Verbesserungen in der Steuerpolitik“, so der IHK-Präsident.

Standortaufwertung im Saarland muss weitergehen

Die DIHK-Studie, die auch die relative Standortzufriedenheit in den einzelnen IHK-Bezirken ermittelt hat, kommt für das Saarland zu einem ernüchternden Ergebnis: Unser Land erreicht unter 69 IHK-Bezirken gerade Rang 40. Immerhin habe sich die Standortqualität im Saarland in der Einschätzung der Unternehmen in den letzten Jahren verbessert, während sie in vielen Regionen nachgelassen habe. Bei der Bewertung der Veränderungen in den letzten drei Jahren erreicht das Saarland in der Studie einen beachtlichen siebten Platz. 2Diese Bewertung zeige“, so Dr. Weber, „dass die saarländischen Unternehmen den wirtschaftpolitischen Kurs der Landesregierung im Großen und Ganzen für richtig halten“. Auf der Aktivseite der Halbzeitbilanz stehen nach Einschätzungen der IHK insbesondere

  • die Qualitätsoffensive in der Bildungspolitik und die Einführung des achtjährigen Gymnasiums,
  • das Landesprogramm zur Absenkung der Gewerbesteuerhebesätze,
  • Fortschritte in der Entbürokratisierung und Deregulierung sowie
  • forcierte Anstrengungen in der Förderung von Unternehmensgründungen und in der Innovations- und Außenwirtschaftsförderung.
Dennoch seien weitere Schritte notwendig, wenn man „ Aufsteigerland“ werden wolle. Für die zweite Hälfte der Legislaturperiode gehören aus Sicht der IHK insbesondere folgende Themen ganz oben auf die Agenda:
  • Eine grundlegende Neuordnung der saarländischen Entsorgungswirtschaft mit mehr Markt und Wettbewerb.
  • Die Umsetzung der nächsten Stufen des Landesprogramms zur Absenkung der Gewerbesteuerhebesätze.
  • Weitere Anstrengungen und grundlegende Reformen in der Bildungspolitik.
Schließlich hätten die Unternehmen im Saarland nach wie vor eine Reihe relativer Standortnachteile zu tragen, darunter etwa die weit überdurchschnittlichen Kosten im saarländischen Gesundheitswesen. „Auch an der überdurchschnittlichen Zahl von Feiertagen oder beim gesetzlich verbrieften Bildungsurlaub hat sich bisher noch nichts geändert“, so Dr. Weber.

IHK engagiert sich

Abschließend wies der IHK-Präsident auf die zahlreichen Initiativen der IHK Saarland hin, um den Wirtschaftsstandort zu stärken, darunter die IHK-Weiterbildungsoffensive, die vielfältigen Aktivitäten in der Gründungs- und Mittelstandsförderung und das erheblich erweiterte Informationsangebot der IHK im Internet. In jüngster Zeit habe sich die IHK in besonderer Weise auch im Kommunalmarketing engagiert. Auch die „Rekordergebnisse in der beruflichen Ausbildung“ seien ohne das überdurchschnittliche Engagement der IHK kaum denkbar gewesen.

„Insgesamt kann das Projekt „Aufsteigerland“ nur gelingen, wenn alle politischen und gesellschaftlichen Gruppierungen mit Engagement daran mitwirken und mit eigenen Schritten zur Standortaufwertung beitragen“, so der IHK-Präsident. „Anders jedenfalls wird das ehrgeizige Ziel der Landesregierung, bis zum Jahre 2010 rund 60.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen, nicht zu erreichen sein“.