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IHK: Zeitarbeitsfirmen vor neuen Herausforderungen

Tarifdiktat gefährdet zahlreiche Arbeitsplätze!

06.03.2003

Rund 5.000 Menschen arbeiten im Saarland derzeit als Leiharbeiter. Deutschlandweit sind es knapp 300.000. Sie werden von privaten Zeitarbeitsunternehmen gegen Entgelt an Unternehmen fast aller Branchen ausgeliehen und ermöglichen diesen eine flexible Anpassung an Schwankungen von Konjunktur und Auftragslage. Das schreibt die IHK Saarland in ihrem jüngsten Branchenbericht.

„Moderne Zeitarbeitsfirmen“, so die IHK, „haben nur noch wenig mit den einstigen Leiharbeitsvermittlern gemein. Sie haben sich im Laufe der Zeit zu Profis in allen Personalangelegenheiten entwickelt. Vielfach bieten sie unter einem Dach die ganze Palette von Personaldienstleistungen an - von der Arbeitnehmerüberlassung über die private Arbeitsvermittlung bis hin zur Personalberatung.“

Hauptkunden der mehr als 200 Zeitarbeitsfirmen im Saarland seien die Metall- und Elektroindustrie, die stahlverarbeitende Industrie und das Ernährungsgewerbe. Nach Schätzung der IHK beschäftigen diese Branchen rund 60 Prozent der Zeitarbeiter. Neben den immer noch stark vertretenen Hilfskräften handele es sich dabei zunehmend um qualifizierte Facharbeiter und Techniker. Zeitarbeit zeige sich, so die IHK, dabei nicht als Jobkiller beim Stammpersonal. Sie trage vielmehr dazu bei, Stammarbeitsplätze nachhaltig zu sichern.

Zahlreiche Arbeitsplätze in der Branche, so IHK-Hauptgeschäftsführer Volker Giersch, seien gefährdet, wenn sich Zeitarbeit wesentlich verteuere. Das Risiko, dass es dazu komme, sei groß. Denn die Bundesregierung habe in ihrem Gesetz zur Neuordnung der Zeitarbeit das Gebot des „equal treatment“ verankert. Danach seien Leiharbeitern ab Januar nächsten Jahres die gleichen Lohn- und Arbeitsbedingungen zu gewähren sind wie Stamm-Arbeitnehmern im Entleihbetrieb. Umgehen lasse sich dieses Gebot nur, wenn in einem Tarifvertrag abweichende Regelungen vereinbart würden.

Faktisch wirke sich „equal treatment“ damit wie ein gesetzlich verankertes Tarifdiktat aus. Es zwinge die Zeitarbeitsunternehmen, das kleinere von zwei Übeln – den Abschluss von Tarifverträgen – zu wählen. Entsprechend schwach sei die Position der Branche in den laufenden Tarifverhandlungen.

Zurzeit würden Zeitarbeiter überwiegend ohne tarifvertragliche Grundlage beschäftigt. Ihre Bezahlung liege im Durchschnitt um gut 20 Prozent unter den Tariflöhnen für vergleichbare Stamm-Mitarbeiter. Bei Zeitarbeitern, die über keine Berufsausbildung verfügen, sei der Abstand noch deutlich größer. Diese Lohnabschläge machten es möglich, geringqualifizierte Arbeitnehmer im ersten Arbeitsmarkt zu beschäftigen. Viele von ihnen, so die IHK, wären ansonsten arbeitslos. Zeitarbeit trage auf diese Weise dazu bei, die strukturelle Arbeitslosigkeit zu mindern.

Mit dem Ziel, möglichst viele Zeitarbeiter als Mitglieder zu gewinnen, kämpften die Gewerkschaften zur Zeit mit Vehemenz für eine weitgehende Angleichung der Leiharbeiterlöhne an die höheren Löhne der Stammbelegschaften. Der Branche drohe also ein kräftiger Kostenschub. „Je stärker dieser Kostenschub ausfällt,“ so Giersch, „desto mehr Arbeitsplätze werden verloren gehen. Gefährdet sind im Saarland nicht nur einige Hundert, sondern einige Tausend Arbeitsplätze. Treffen wird es,“ so Giersch, „ insbesondere die Geringqualifizierten, die auf dem Arbeitsmarkt bereits heute einen schweren Stand haben. Wir brauchen deshalb auch und gerade für die Zeitarbeit eine Tarifpolitik mit Augenmaß.“

Positiv werde sich zwar auswirken, dass die Bundesregierung restriktive Regelungen gestrichen habe, die die Zeitarbeit in Deutschland bislang begrenzten (z. B. Synchronisationsverbot, Befristungsverbot und Wiedereinstellungsverbot). Doch würden die Vorteile der Liberalisierung die Folgen einer nachhaltigen Verteuerung der Zeitarbeit bei weitem nicht kompensieren können.

Ansprechpartner:
Dr. Uwe Rentmeister
(06 81) 95 20-4 30