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IHK fordert Rückzug der Gemeinden auf ihre Kernaufgaben

Vizepräsident Rolf Schneider: „Der Staat ist ein schlechter
Unternehmer“

11.09.2002

„Die Vorgänge um den Entsorgungsverband (EVS) und einige Unternehmen aus dem „Konzernverbund“ der Landeshauptstadt haben es noch einmal deutlich gemacht: Der Staat ist ein schlechter Unternehmer. Die saarländischen Kommunen bilden da ganz offensichtlich keine Ausnahme.“ Mit dieser Feststellung bekräftigte IHK-Vizepräsident Rolf Schneider noch einmal die Forderung der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes nach einer Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen. „Im Kern geht es darum“, so Schneider, „das Kommunale Selbstverwaltungsgesetz im Saarland (KSVG) so zu ändern, dass Gemeinden, die wirtschaftlich tätig werden wollen, in jedem Einzelfall nachweisen müssen, dass kein privater Anbieter die benötigte Leistung ebenso gut bereitstellen kann.“

Einen entsprechenden Vorstoß hatte die IHK Saarland gemeinsam mit der Handwerkskammer, der Architektenkammer und der Kammer der Beratenden Ingenieure bereits Anfang 2001 im Mittelstandsbeirat unternommen. „Nachdem der saarländische Wirtschaftsminister den Vorschlag für eine Neuformulierung des § 108 KSVG damals schnell ins Kabinett einbrachte“, so Schneider, „ist jetzt die Landesregierung am Zug. Von ihr erwartet die Wirtschaft nun auch konkrete Ergebnisse.“ Die IHK Saarland appelliert noch einmal eindringlich an die Landesregierung, eine entsprechende Gesetzesinitiative für mehr Markt und Wettbewerb auf den Weg zu bringen.

Beweislast umkehren!
Eine wirtschaftliche Betätigung soll den Kommunen nach dem gemeinsamen Vorstoß nur noch dann erlaubt sein,

  • wenn ein dringender öffentlicher Zweck dies erfordert und
  • wenn die Gemeinde nachweist, dass die Leistung ihrer Art nach nicht eben so gut und wirtschaftlich von einem Unternehmen mit ausschließlich privaten Gesellschaftern erbracht werden kann.
Mit dieser Umkehr der Beweislast soll erreicht werden, dass die saarländischen Kommunen nur noch dann in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen dürfen, wenn die Märkte nicht oder nur unvollkommen funktionieren. „Natürlich müssen auch bestehende kommunale Unternehmen diesen Kriterien standhalten, sonst müssen sie innerhalb einer Frist von höchstens fünf Jahren privatisiert werden“, fordert die IHK.

Kein fairer Wettbewerb ...
In der Vergangenheit haben viele Kommunen ihre „ unternehmerischen“ Tätigkeiten ausgeweitet. Oder es wurden unter dem Leitmotiv des 'Wirtschaftskonzerns Stadt' Ämter in privatrechtliche Gesellschaften umgewandelt, die oftmals in Konkurrenz zu privaten Anbietern stehen. Problematisch an dieser Scheinprivatisierung ist nach Ansicht der IHK, dass die kommunalen Gesellschaften in mehrerlei Hinsicht Wettbewerbsvorteile gegenüber privaten Anbietern haben:

  • Sie unterliegen faktisch keinem Konkursrisiko.
  • Ihre Kapitalausstattung wurde ganz oder teilweise aus Steuermitteln finanziert, so dass nur in vermindertem Umfang Kapitalkosten anfallen.
  • Sie werden bevorzugt mit Aufträgen der öffentlichen Hand bedacht, was nicht selten eine komfortable Grundauslastung sichert.
  • In einigen Bereichen - etwa in der Entsorgung - genießen sie darüber hinaus noch steuerliche Privilegien.
Die scheinbaren „Markterfolge“ solcher kommunalen Unternehmen würden ganz überwiegend durch diese künstlichen Wettbewerbsvorteile genährt und gingen zu Lasten privater Wettbewerber, so die IHK. Oft genug seien aber trotz der Vorzugsbehandlung viele dieser Unternehmen dauerhafte Verlustbringer.

... wenig überzeugende Begründung
Die Gründe der Kommunen, ihre wirtschaftliche Betätigung dennoch aufrechtzuerhalten, sind vielfältig. Vordergründig zählt dazu das Motiv, Erträge zu erwirtschaften, um so die vielfach sehr angespannte Finanzlage zu verbessern.

Diese Begründung übersieht, so die IHK, dass sich profitable Unternehmen - etwa in Bereichen wie Telekommunikation und Energieversorgung - gegen gutes Geld verkaufen lassen. Selbst in gewollt oder unvermeidbar defizitären Bereichen - etwa im Nahverkehr - könne die Privatisierung durchaus finanzielle Vorteile bringen (d. h. den Subventionsbedarf verringern), etwa durch bezuschusste Betreibermodelle.

So bliebe der Verdacht, dass die wundersame Vermehrung kommunaler Unternehmen auch weniger einer besonders sparsamen Haushaltsführung oder der Deckung eines dringenden, sonst ungestillt bleibenden öffentlichen Bedarfs dient, sondern eher dem Streben der Beteiligten nach mehr Einfluss, attraktiven (Neben-) Verdienstmöglichkeiten und der Schaffung von Versorgungspositionen für mehr oder weniger verdiente Politiker. Generell bestehe in öffentlichen Unternehmen die Tendenz, Personalpolitik eher nach Parteivorstellungen als nach Leistungskriterien zu betreiben.

Weitere Informationen:
Hermann Götzinger
(06 81) 95 20-4 00