Kommunalfinanzierung auf mehr Schultern verteilen!
Stellungnahme von Rolf Schneider
30.08.2001
zu den Vorschlägen von Wirtschaftsminister Dr. Hanspeter Georgi zur Gemeindefinanz- und Steuerreform
Die Diskussion über eine Alternative zur Gewerbesteuer wird nun schon Jahrzehnte geführt. Sie ist erwiesenermaßen die Achillesferse des deutschen Steuersystems – für die Wirtschaft und für die Gemeinden.
Der saarländische Wirtschaftsminister Dr. Hanspeter Georgi hat deshalb einen Vorschlag zur Reform der Gemeindefinanzen vorgelegt und postwendend harsche Kritik dafür einstecken müssen. Mit dem in der Steuerpolitik bewährten Totschlagsargument „Kleine zahlen für die Entlastung der Großen“ wird versucht, auch diesen Reformversuch schon im Keim zu ersticken. Dadurch wird jedoch in der aktuellen Situation niemandem geholfen, am wenigsten den notleidenden Gemeinden.
Die Kommunen haben ein vitales Interesse an einer Reform. Denn die Gewerbesteuer greift nur noch auf den Gewerbeertrag zu; sie ist also stark gewinnabhängig. Gleichzeitig sorgen hohe Freibeträge und die Staffelmesszahlen dafür, dass das Gros des Gewerbesteueraufkommens einer Kommune von einigen wenigen Unternehmen erbracht wird. Bundesweit zahlen beispielsweise nur zwei von zehn Handwerksbetrieben Gewerbesteuer. Obwohl auch Architekten, Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater und andere freie Berufe die kommunale Infrastruktur nutzen sind sie gewerbesteuerfrei.
Die Gewerbesteuereinnahmen sind vom Wind der Konjunktur abhängig, folglich starken Schwankungen unterworfen und für die Gemeindekämmerer nur noch schwer planbar. Weil es nur wenige Gewerbesteuerzahlen gibt, hat sich eine ungesunde Abhängigkeit der Gemeinden von der Ertragslage der bei ihnen ansässigen „ Cash-Kühe“ ergeben.
Gerade für diese Unternehmen, die meist im internationalen Wettbewerb stehen, ist die Gewerbesteuer aber trotz der neuen Verrechnungsmöglichkeit mit der Einkommensteuerschuld eine starke Belastung.
Es gilt also einen Weg zu finden, der einerseits den Gemeinden eine stabile Finanzierungsquelle beschert und andererseits mit der Sonderbelastung der gewerblichen Unternehmen Schluss macht. Und da ist der Wirtschaftsminister natürlich gefordert. Von ihm darf man erwarten, dass er perspektivisch denkt. Das hat er getan und liegt mit seinem Vorschlag ganz nahe bei den Kommunen. Auch sie wollen zur Stabilisierung der gemeindlichen Steuereinnahmen vom Grundsatz her eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage. Mit anderen Worten: Die Kommunalfinanzierung muss auf mehr Schultern als bisher verteilt werden.
Das Plädoyer vom Minister Georgi für eine Gemeindeeinkommensteuer, ausgestaltet als Zuschlag zur Einkommen- und Körperschaftssteuerschuld, ist deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt langfristig die beste Form der Kommunalfinanzierung. Getreu dem Äquivalenzprinzip leisten alle in einer Gemeinde ansässigen Bürger und Unternehmen ihren Beitrag zur Finanzierung der gemeindlichen Lasten. Der Vorschlag erfüllt darüber hinaus alle verfassungsrechtlichen Vorgaben. Eine Gemeindeeinkommensteuer in der skizzierten Form ist ausreichend wirtschaftskraftbezogen und wäre mit einem Hebesatzrecht für die Gemeinden verbunden, d. h. die Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden ist gewährleistet.
Allerdings ist der Weg noch weit bis zur Gemeindeeinkommensteuer. Als Zwischenschritt böte sich an, die Steuerpflicht zunächst auf alle Gewinneinkunftsarten auszudehnen und die Verrechnungsmöglichkeit zu erweitern. Damit würden auch Land- und Forstwirte und insbesondere die freien Berufe der kommunalen Steuer unterliegen, hätten aber gleichzeitig die Möglichkeit, die Steuerschuld in pauschaler Form mit ihrer Einkommensteuerschuld zu verrechnen. Durch die erheblich größere Zahl an Steuerpflichtigen können die Freibeträge gesenkt und die Staffelmesszahlen abgeschafft werden. Im Ergebnis hätten die Kommunen eine wesentlich stabilere Finanzierungsquelle und auch die Sonderbelastung der gewerblichen Unternehmen wäre erheblich gemildert. Und das Ziel einer Gemeindeeinkommensteuer wäre wesentlich leichter zu erreichen.