Kommunen müssen stärker kooperieren!
Von Volker Giersch
Kommentar
01.09.2005
Im Saarland wird vor allem die Versorgung mit Schwimmbädern diskutiert. Zu Recht. Denn hier fällt das Überangebot besonders ins Auge. Mit ihren 62 Hallenbädern, 44 Freibädern und 3 Naturbädern sind unsere 52 Kommunen einsame Spitze in Deutschland. Die Wasserfläche je Einwohner liegt hierzulande um 60 Prozent über dem westdeutschen Schnitt. Selbst wohlsituierte Länder wie Bayern und Baden-Württemberg bieten ihren Bürgern weit weniger Badenass. Der Befund ist ebenso klar wie bedenklich: Wir leisten uns im Saarland zu viele Bäder, die meist zu klein sind und viel zu hohe Verluste schreiben. Zusammen genommen dürften die Defizite die 30-Millionen-Grenze inzwischen deutlich überschreiten.
Hoher Investitionsbedarf
Überdies gibt es einen immensen Investitionsbedarf. Denn rund drei Viertel der Bäder sind in unserem Land modernisierungs- oder gar sanierungsbedürftig. Bundesweit ist es nur die Hälfte. Da stellt sich die Frage: Ob und wie kann die Finanzierung gelingen? Und wir wissen: Dort, wo sie gelingt, wird der zusätzliche Kapitaldienst die Defizite weiter in die Höhe treiben. Vermeidbar sein wird das nur, wenn es gelingt, das Angebot an Bädern landesweit zurückzuführen und dadurch für eine bessere Auslastung der einzelnen Bäder zu sorgen.
Von allein lösen wird sich das Problem allem Anschein nach nicht. Denn gegen die Schließung von Bädern oder Sportanlagen formiert sich auf lokaler Ebene rasch heftiger Widerstand. In Saarbrücken etwa „kämpft“ der „Förderverein Totobad Saarbrücken“ für die Erhaltung dieses ohne Zweifel schönen Bades. Doch damit nicht genug: Er hält es zugleich für „unabdingbar“, auch alle übrigen städtischen Schwimmbäder und Schulschwimmhallen zu erhalten.
Kaum Kooperationen auf freiwilliger Basis
Weil Politikern herbe Stimmenverluste drohen, wenn sie sich über den organisierten Bürgerwillen hinwegsetzen, herrscht allerorts die Tendenz vor, alles beim Alten zu lassen. Besser auf Zeit spielen und in der Verantwortung bleiben als ein Bad stilllegen und abgewählt werden, heißt die Devise. Der einzelnen Kommune bleibt ja immer noch die Hoffnung, dass die Finanznot eine Nachbargemeinde bald zwingt, das dortige Bad zu schließen und dem eigenen Bad so eine höhere Auslastung zu bescheren. An dieser politischen Logik scheitern letztlich kooperative Lösungen und die Entwicklung arbeitsteiliger Strukturen – etwa nach dem Muster: das Hallenbad in Gemeinde A, das Freibad in Gemeinde B, das Kulturzentrum in Gemeinde C, eine große Sportanlage in Gemeinde D.
Verbundlösungen auf Kreis- oder Landesebene?
Weil die Realität so ist, gilt es nach Wegen zu suchen, wie das wirtschaftlich Vernünftige über entsprechende finanzielle Anreize oder über neue Organisationsformen erreicht werden kann. Der Vorschlag der Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz, die Bewirtschaftung der Bäder auf einen landesweiten Zweckverband zu übertragen, zielt in diese Richtung. Zwar sind die Erfahrungen mit solchen Zweckverbänden – für Abwasser und Abfall gibt es ja bereits den EVS – nicht allzu ermutigend, doch ließe sich bei intelligenter Ausgestaltung wohl eine spürbare Verbesserung gegenüber dem Status quo erreichen. Vielleicht würden aber bereits Trägergesellschaften auf Kreisebene ausreichen, um lokales Besitzstandsdenken zugunsten vernünftiger Verbundlösungen zu überwinden. Die Kreise hätten dann jedenfalls eine weitere wichtige Aufgabe, die ihre Existenz zusätzlich rechtfertigen würde.
Angebot an rückläufige Nachfrage anpassen!
In der Sache ist zweierlei nötig: Erstens gilt es, eine mittel- bis langfristige Zielplanung zu erstellen, die sowohl der rückläufigen Bevölkerungsentwicklung und dem Jugendschwund als auch der angespannten Finanzlage der öffentlichen Hände Rechnung trägt. Im Ergebnis wird man wohl nicht umhin kommen, die Zahl der Bäder bis Ende des Jahrzehnts um mindestens ein Drittel zu reduzieren. Dann läge die Wasserfläche je Einwohner in etwa auf Bundesniveau oder etwas darüber, weil ja auch anderswo Bäder geschlossen werden.
Markt und Wettbewerb nutzen!
Zweitens ist zu entscheiden, wie die Bäder, die bleiben sollen, wirtschaftlich saniert, modernisiert und betrieben werden sollen. Zu prüfen ist insbesondere, inwieweit sich über privatwirtschaftliche Lösungen bessere Ergebnisse erzielen lassen. Denkbar wäre es etwa, mehrere Bäder zu regionalen Losen zusammenzufassen und deren Bewirtschaftung dann qua Ausschreibung an Private zu übertragen. Zwar würde man auch dann wohl nicht ohne Zuschüsse auskommen. Doch wäre der Zuschussbedarf wohl deutlich niedriger als die Defizite, die beim Betrieb in staatlicher Regie anfallen.
Kooperationen über kommunalen Finanzausgleich fördern
Zu prüfen ist auch, wie der kommunale Finanzausgleich so umgestaltet werden kann, dass er die Entwicklung hin zu mehr Wirtschaftlichkeit künftig stärker vorantreibt. Warum nicht Zuschüsse nur noch für solche Projekte gewähren, die sich nachhaltig rechnen? Warum nicht Verbundlösungen zwischen mehreren Gemeinden mit höheren Zuschusssätzen fördern?
Keine Frage: Es gibt viele mögliche Wege, die zum Ziel führen. Keiner davon ist einfach. Doch ist es höchste Zeit, das Thema offensiv anzugehen und nach praktikablen Lösungen zu suchen. Denn die Zukunftschancen unseres Landes sind umso besser, je rascher und konsequenter die Kommunen das Geld, das bisher in schwach ausgelastete und unwirtschaftlich betriebene Infrastrukturen fließt, dazu verwenden, ihre Haushalte wieder ins Lot zu bringen und Zukunftsinvestitionen zu finanzieren, die den Standort nachhaltig aufwerten.