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Länger arbeiten für mehr Arbeitsplätze

15.03.2005

In einem eindringlichen Appell hat sich die IHK Saarland für längere Arbeitszeiten in Deutschland ausgesprochen. „Allen ist klar, dass wir in Deutschland mehr Arbeitsplätze, mehr Investitionen und mehr Wachstum brauchen. Deshalb müssen wir alles daran setzen, die Rentabilität von Investitionen weiter zu verbessern. Längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich können dazu einen wesentlichen Beitrag leisten.“ Mit diesen Worten nahm IHK-Präsident Dr. Richard Weber zur aktuellen Diskussion um längere Arbeitszeiten Stellung. Neue Impulse erhalte die Diskussion durch das jüngste Jahresgutachten der European Economic Advisory Group (EEAG). Der europäische Sachverständigenrat, dem acht Ökonomen aus sieben Ländern angehören, komme zu dem Ergebnis, dass eine Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich bereits kurzfristig zu mehr Arbeitsplätzen führen könne: Durch längere Laufzeiten verbessere sich die Auslastung der Anlagen. Die Lohstückkosten würden sinken, die Betriebe an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen. Es könnten zusätzliche Aufträge akquiriert werden. Das Arbeitsvolumen würde steigen.

Eine Absenkung der Lohnstückkosten durch längere Arbeitszeiten wäre gerade für die Saarindustrie von besonderer Bedeutung. Mehr als 70 Prozent der Industriebeschäftigten seien hier in Zweigwerken oder Tochterunternehmen großer deutscher oder internationaler Unternehmen tätig. Über die Zukunft der saarländischen Produktionsstätten entscheide maßgeblich, wie sie im Benchmarking mit „Schwesterbetrieben“ in anderen Regionen und Ländern abschneiden. Jede größere Investitionsentscheidung sei praktisch eine Standortentscheidung. Insofern würden längere Arbeitszeiten und geringere Lohnstückkosten wesentlich dazu beitragen, die Beschäftigungsperspektive des industriellen Kerns im Saarland zu verbessern. Auch mittelständische Unternehmen würden wesentlich profitieren.

Die IHK appelliert vor diesem Hintergrund an das Land, die im Saarland überdurchschnittlich hohe Zahl an Feiertagen zu reduzieren und so möglichst rasch einen saarspezifischen Standortnachteil zu beseitigen. Sie appelliert zugleich an die Tarifpartner, in den kommenden Tarifrunden stärker noch als bisher Regelungen zu vereinbaren, die die Beschäftigungsperspektiven der saarländischen Arbeitnehmer nachhaltig verbessern. Im Übrigen sei es höchste Zeit, die Diskussion endlich wieder zu versachlichen. Die jüngsten Drohgebärden der Gewerkschaften in Richtung Landesregierung schadeten letztlich den Interessen des Landes und seiner Arbeitnehmer. Dringend nötig sei stattdessen ein konstruktiver zukunftsorientierter Dialog aller Beteiligten, der zum Ziel habe, das Land wirtschaftlich auf die Überholspur zu bringen.

Einzelbeispiele zeigen, dass es funktioniert

Erfreulich ist aus Sicht der IHK, dass die Bereitschaft der Arbeitnehmer zu unbezahlter Mehrarbeit in den letzten Jahren enorm gewachsen ist. Die Bündnisse für Arbeit bei Siemens, VW und Opel zeigten, dass schon mit durchaus zumutbaren Zugeständnissen der Arbeitnehmer Investitionen, Produktion und Arbeitsplätze in Deutschland gehalten werden könnten. Oft genügten schon wenige Stunden Mehrarbeit und Abstriche bei übertariflichen Leistungen, um zusätzliche Investitionen in Deutschland rentabel zu machen: „ Wir müssen uns bei Löhnen und Arbeitszeiten nicht mit Tschechien, Polen oder China messen – wohl aber mit Frankreich, Irland, den Niederlanden und den skandinavischen Ländern“, so Weber. „Den schleichenden Exodus von Produktion und Wertschöpfung werden wir nur abbremsen können, wenn die Gewerkschaften in der Breite zu längeren Arbeitszeiten bereit sind.“

Ein entscheidender Vorteil der Mehrarbeit sei, dass sie für die Arbeitnehmer keine Einkommenseinbußen mit sich bringe: Ein Anstieg der Wochenarbeitszeit von 35 auf 40 Stunden, so hatten die Experten der EEAG vorgerechnet, verbessere die Wettbewerbsfähigkeit in gleichem Maße wie eine Senkung der Stundenlöhne um 12,5 Prozent. „Lohnkürzungen in diesem Ausmaß sind keinem Arbeitnehmer zuzumuten“, so Weber „und in der derzeitigen Konjunkturlage wären sie ohnehin kontraindiziert.“

Neben tarifvertraglichen Lösungen, die längere und flexiblere Arbeitszeiten vorsehen, sei es notwendig, betriebliche Bündnisse für Arbeit zu legalisieren. Der Gesetzgeber müsse die Voraussetzungen dazu schaffen. Die derzeitige Auslegung des „ Günstigkeitsprinzips“, bei der Lohnhöhe und Arbeitszeit grundsätzlich vor Arbeitsplatzsicherheit gehe, schade letztlich den Interessen der Arbeitnehmer.

Länger arbeiten – auch für die Rente

Langfristig führe an längeren Arbeitszeiten ohnehin kein Weg vorbei. Die Formel „30 Jahre arbeiten für 30 Jahre Rente“ könne nicht aufgehen. „Die Menschen werden immer älter und die Älteren immer zahlreicher“, so Dr. Weber. „Schon in weniger als 25 Jahren werden zwei Erwerbstätige einen Rentner zu ernähren haben. Das kann unter gegenwärtigen Bedingungen nicht funktionieren.“ Die IHK fordert deshalb eine frühere Einschulung, kürzere Studiendauern und ein schrittweises Heraufsetzen der Altersgrenze. Die Einführung einer kapitalgedeckten Altersversorgung sei zwar wichtig und richtig. Sie könne das Problem der Überalterung aber nicht grundsätzlich lösen.“

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