Sprungmarken zu den wichtigsten Seitenabschnitten


Suche Hauptnavigation A-Z Übersicht Hauptinhalt Servicelinks

Internetpräsentation IHK Saarland - Partner der Wirtschaft


Positionen

Kennzahl: 17.15002

Nicht mit zweierlei Maß messen!

Kolumne
Von IHK-Vizepräsident Wolfgang Herges

07.02.2020

Das Phänomen kennen wir bereits aus der Antike: Gleiches Verhalten wird ethisch unterschiedlich bewertet, erlaubt oder sanktioniert, je nachdem welche Personengruppe betroffen ist. Schon Julius Cäsar ging so vor. Um das Verkehrschaos in Rom zu bändigen, erließ er ein Fahrverbot während der Tageszeit. Die Einschränkung betraf indes nicht die Wagen der Inhaber von öffentlichen Ämtern. Einem Magistrat war der Weg zu Fuß nicht zuzumuten. Ein erstes Beispiel für differenziertes Ordnungsrecht, ganz nach dem Motto: „Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt“.

Und heute? Immer wieder werden strukturell gleichartige Sachverhalte unterschiedlich bewertet – oftmals zulasten der Wirtschaft: So sieht der Koalitionsvertrag der Bundesregierung vor, befristete Arbeitsverhältnisse zurückzudrängen. Ob dies mit Blick auf die notwendige Flexibilität am Arbeitsmarkt sinnvoll ist, sei dahingestellt. Doch wer den Anspruch erhebt, sollte selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Doch weit gefehlt! Ausgerechnet die öffentliche Hand vergibt besonders viele zeitlich begrenzte Arbeitsverträge. So haben im Schnitt zehn Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst eine befristete Stelle, in der öffentlichen Wirtschaft sogar 44 Prozent. Demgegenüber sind es in der Privatwirtschaft insgesamt knapp acht Prozent, in der Metall- und Elektroindustrie sogar nur vier Prozent. Zwar hat die Bundesregierung Besserung gelobt. Doch über das Vehikel „Haushaltsbefristung“ haben öffentliche Arbeitgeber weiterhin die Möglichkeit, befristete Arbeitsverträge im großen Stil zu nutzen. Die Privatwirtschaft wird dagegen trotz rückläufiger sachgrundloser Befristung medienwirksam an den Pranger gestellt.

Völlig unverständlich ist auch die Ungleichbehandlung von staatlichen Institutionen und privaten Unternehmen beim Thema Frauenquote: Das Bundesgremienbesetzungsgesetz sieht bereits seit 1994 vor, dass der Bund auf eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Verwaltungs- und Aufsichtsräten hinwirkt. Sanktionen bei Zielverfehlung sind allerdings auch in der Neufassung von 2015 nicht vorgesehen. Ganz anders dagegen, wenn es um die Wirtschaft geht. Sollten sich die Ministerinnen Giffey und Lambrecht durchsetzen, dann müssen Unternehmen, die keine Begründung liefern, warum es nicht gelingt, geeignete Frauen für Vorstandspositionen zu finden, mit hohen Bußgeldern rechnen. Auch hier wird mit zweierlei Maß gemessen.

Und wenn wir schon beim Thema Geld sind: Während etwa Baufirmen oder Handwerker bei staatlichen Aufträgen oftmals wochenlang um ihr Geld bangen müssen – mitunter mit existenzgefährdenden Folgen für mittelständische Betriebe – setzt der Fiskus den Bürgern und Unternehmen in der Regel enge Zahlungsfristen.  Wenn der Staat feste Zahlungstermine für Steuern und Abgaben festlegen kann, warum nicht auch für die eigenen Rechnungsbegleichungen?

Fazit: Wer immer wieder Moral thematisiert, sollte mindestens die gleichen Maßstabe an sich selbst richten und mit gutem Beispiel vorangehen. Der Staat muss eine Vorbildfunktion einnehmen und auf Privilegien verzichten – das würde auch der Glaubwürdigkeit von politischem Handel nützen.