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Saarkonjunktur: Weltweite Schwächetendenzen dämpfen die Dynamik

Angesichts der weltweiten Konjunktureintrübung ist die
Geschäftslage der Saarindustrie derzeit noch bemerkenswert
robust.

11.06.2001

Die Stimmung ist zwar nicht mehr ganz so gut wie zu Jahresbeginn, per Saldo aber noch deutlich positiv. Die Auslastung der Produktionskapazitäten hat in den letzten sechs Monaten nochmals leicht zugenommen; ebenso die Auftragsbestände. Für den weiteren Jahresverlauf sind die Hoffnungen allerdings spürbar gedämpft. Die meisten Branchen erwarten nur noch eine stagnierende bis verhalten positive Geschäftsentwicklung. Insgesamt liegt die Saarwirtschaft zwar weiter auf Wachstumskurs, die Dynamik hat jedoch erheblich nachgelassen. Aufs Jahr gerechnet dürfte die Wachstumsrate deutlich unter 2 Prozent liegen und knapp die Rate für ganz Deutschland erreichen. Für einen weiteren Zuwachs an Arbeitsplätzen und einen spürbaren Abbau der Arbeitslosigkeit ist das zu wenig. Dies ist das Ergebnis der jüngsten Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes, an der sich 155 Firmen mit gut 73 000 Beschäftigten beteiligten.

Der Konjunkturklimaindex, der sowohl die Beurteilung der aktuellen Lage als auch die Konjunkturaussichten widerspiegelt, ist zum dritten Mal infolge gesunken. Er hat mit 146 Punkten aber immer noch ein relativ hohes Niveau, weil die aktuelle Lage durchaus noch positiv beurteilt wird: Rund 50 Prozent der Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes melden gut laufende Geschäfte, nur acht Prozent bewerten ihre gegenwärtige Situation als schlecht.

Grundlage für diese positive Beurteilung ist unter anderem, dass die Kapazitätsauslastung im verarbeitenden Gewerbe seit dem Jahreswechsel nochmals leicht gestiegen ist, von 91,5 auf 91,7 Prozent. Damit liegt der Auslastungsgrad weit über dem langjährigen Durchschnitt. Kennzeichnend für die aktuelle Lage sind zudem die relativ hohen Auftragsbestände der Unternehmen. Sie sichern im verarbeitenden Gewerbe zurzeit eine Produktion von fast sechs Monaten ab. Zum Jahresbeginn waren es nur fünf Monate.

Dass der Klimaindex rückläufig ist, liegt vor allem daran, dass die Unternehmen ihre künftige Geschäftsentwicklung inzwischen deutlich skeptischer einschätzen als in den Quartalen zuvor. Per Saldo dürften die Auftriebskräfte für die kommenden Monate verhältnismäßig schwach ausfallen. Konkret: 27 Prozent der Betriebe des verarbeitenden Gewerbes rechnen mit einer Verbesserung ihrer Geschäftslage, 21 Prozent mit einer Verschlechterung.

Der Export, der bisher zu den Hauptstützen der Konjunktur zählte, hat zuletzt spürbar an Schwung verloren. Für die kommenden Monate erwarten die Industrieunternehmen eine Stabilisierung der Ausfuhren in etwa auf dem derzeitigen Niveau: 60 Prozent der Unternehmen rechnen mit gleichbleibenden, 26 Prozent mit steigenden und bereits 14 Prozent mit fallenden Auslandsorders.

Die gedämpftem Exportaussichten sind Ausdruck der weltweiten Konjunkturabschwächung und der Sorge vor einer harten Landung in den USA. Zwar sind die direkten Einflüsse der Konjunkturflaute in den USA auf die Saarwirtschaft gering, doch schlagen zunehmend auch indirekte Auswirkungen zu Buche. Die Konjunkturen in Südostasien und in Europa verlieren bereits merklich an Fahrt, so dass stimulierende Impulse von dort weitgehend ausbleiben.

Eine massive Stütze für die Ausfuhren ist nach wie vor der schwache Euro, der die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Anbieter auf den Weltmärkten stärkt.

Unterschiede in den Branchenkonjunkturen

Auffallend ist, dass die Konjunkturverläufe in den einzelnen Branchen deutlich voneinander abweichen. Ganz vorne im Konjunkturzug fährt nach wie vor der Fahrzeugbau und seine Zulieferer. Dies ist angesichts der aktuellen Absatzflaute in den USA und in Westeuropa auf den ersten Blick überraschend. Ins Bild zu nehmen ist allerdings, dass der Rückgang der Zulassungszahlen fast ausschließlich zu Lasten der Hersteller in Japan und Korea sowie der großen amerikanischen Anbieter geht. Deutsche Autos sind weiterhin sehr gefragt – besonders im Ausland. Davon profitieren auch die saarländischen Zulieferer. Sie stellen Komponenten und Systeme her, die an der Spitze der technischen Entwicklung stehen und insbesondere bei gutlaufenden Fabrikaten Einsatz finden. Positive Impulse kommen zudem vom Dieselboom und vom Trend zum Automatikgetriebe. Die Geschäftserwartungen der Branche signalisieren, dass sich die gute Entwicklung im Sommerhalbjahr fortsetzen wird, wenn auch etwas abgeschwächt.

Nach wie vor gut läuft die Konjunktur auch in der Stahlindustrie, in der Metallbearbeitung, in der Elektrotechnik und im Maschinenbau. In diesen Branchen überwiegen noch die positiven Stimmen, wenn auch schon vereinzelt über Schwächetendenzen berichtet wird.

Verbessert hat sich die Situation im Ernährungsgewerbe, vor allem bei den fleischverarbeitenden Unternehmen. Ihnen ist es in den zurückliegenden Monaten offenbar gelungen, verlorengegangenes Verbrauchervertrauen zurückzugewinnen. Hoffnungen für die Zukunft setzen die Unternehmen auch darauf, dass sie mit neuen Produkten alte Käuferschichten zurück- und neue hinzugewinnen können.

Am Ende des Konjunkturzugs befindet sich immer noch die Bauwirtschaft. Hier hat sich die Geschäftslage nochmals deutlich verschlechtert. Neben weiter sinkenden Aufträgen macht ein fast ruinöser Preiswettbewerb den Bauunternehmen zu schaffen. Rückläufig sind vor allem der Wirtschafts- und Straßenbau. Mehr und mehr zum Sorgenkind der Branche wird nach neuerlichen Rückgängen auch der Wohnungsbau. Das oft beschworene Licht am Ende des Tunnels rückt damit für die Bauwirtschaft in immer weitere Ferne.

Investitionsneigung bleibt stabil

Trotz der gedämpften Geschäftserwartungen bleibt die Investitionsneigung robust. Dies signalisiert, dass die Unternehmen auf mittlere und längere Sicht durchaus zuversichtlich sind. Offensichtlich bewerten sie die aktuellen Schwächetendenzen als Konjunkturdelle und nicht als den Beginn eines längeren Abwärtstrends. Gut 30 Prozent der Betriebe planen für dieses Jahr höhere Investitionen als im Vorjahr, nur 20 Prozent wollen weniger investieren. Eine Erweiterung der Kapazitäten zeichnet sich insbesondere bei den Hersteller von Investitionsgütern ab. In der Bauwirtschaft, wo hohe Überkapazitäten den Markt belasten, werden die Investitionen weiter sinken.

Arbeitsmarkt: kaum Entspannung

In den kommenden Monaten sind kaum noch Impulse für mehr Beschäftigung und für den weiteren Abbau der Arbeitslosigkeit zu erwarten. Dafür ist das Wachstum nicht kräftig genug. Belastend wirkt sich zudem die hohe und weiter wachsende Regulierungsdichte auf dem deutschen Arbeitsmarkt aus.

Im Bergbau und im Baugewerbe geht der Beschäftigungsabbau weiter. Auch in der Stahlindustrie wird es zu einem leichten Stellenabbau kommen. Günstig bleibt die Personalentwicklung dagegen in der Verbrauchsgüterindustrie und bei den Herstellern von Investitionsgütern. Dort wachsen allerdings die Schwierigkeiten, geeignete Fachkräfte zu finden.

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