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Saarwirtschaft im Gleichschritt mit dem Bund

Weitere Forschritte beim Strukturwandel
Bei Wirtschaftsindikatoren im vorderen Mittelfeld
IHK-Bilanz für die erste Hälfte des Jahrzehnts und
Ausblick auf die kommenden Jahre

08.06.2005

„Unser Land ist beim Strukturwandel seit dem Beginn des Jahrzehnts nochmals ein Stück vorangekommen. Im Vergleich der Bundesländer rangiert es bei den wichtigsten Wirtschaftsindikatoren im vorderen Mittelfeld – je nach Indikator auf einem Rang zwischen fünf und sieben. Erfreulich ist zudem, dass sich die Konstitution der Saarwirtschaft weiter verbessert hat.“ Mit diesen Worten zogen IHK-Präsident Dr. Richard Weber und IHK-Hauptgeschäftsführer Volker Giersch eine Bilanz der saarländischen Wirtschaftsentwicklung seit Beginn des Jahrzehnts. Im laufenden Jahr werde das Saarland voraussichtlich gut mit der Entwicklung auf Bundesebene Schritt halten können. „Ich sehe sogar die Chance,“ so Dr. Weber, „dass wir beim Wachstum erneut einen Tick besser abschneiden. Allerdings befinden wir uns zur Zeit in Saar und Bund auf einem deutlich flacheren Wachstumspfad als im vergangenen Jahr.“ Für die kommenden Jahre ist die IHK verhalten optimistisch. Wahrscheinlich sei, so Weber und Giersch, dass sich die Saarwirtschaft in etwa im Gleichschritt mit der deutschen Wirtschaft entwickeln werde. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die notwendige Konsolidierung der Landesfinanzen ohne deutliche Einschnitte bei Investitionen und Wirtschaftsförderung gelinge und dass in der Standortpolitik weitere Fortschritte erreicht würden.

Bezogen auf die wichtigsten Wirtschaftsindikatoren zieht die IHK folgende Fünf-Jahres-Bilanz:

  • Wirtschaftswachstum: In den fünf Jahren von 2000 bis 2004 wuchs das Bruttoinlandsprodukt an der Saar preisbereinigt um 4,5 Prozent, im Bund um 5,3 Prozent. Zweimal – in den Jahren 2001 und 2004 – war das Wachstum an der Saar größer als im Bund, dreimal geringer. Im Ranking der Bundesländer erreichte das Saarland den siebten Platz, gleichauf mit Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bremen.
  • Bruttoinlandsprodukt pro Kopf: Bei diesem Indikator, der gemeinhin als Wohlstandsindikator interpretiert wird, liegt das Saarland gleichfalls auf Rang sieben – hinter den westdeutschen Flächenländern Hessen, Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, aber vor Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen.
  • Arbeitsplätze: Die Beschäftigtenentwicklung verlief an der Saar etwas günstiger als im Bund. Zwar gingen im Saarland von Januar 2000 bis Januar 2005 rund 10 500 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse verloren. Doch fiel der Rückgang mit rund drei Prozent spürbar geringer aus als in den meisten anderen Bundesländern. Bundesweit lag das Minus bei 5,5 Prozent – also fast doppelt so hoch wie an der Saar.
  • Arbeitsplätze je Einwohner: Deutlich verbessern konnte sich das Saarland bei der Arbeitsplatzdichte. Inzwischen gibt es an der Saar mehr Arbeitsplätze je Tausend Einwohner als im Bund (Saarland: 331, Bund: 326). Von den Flächenländern erreichen nur Baden-Württemberg, Hessen und Bayern eine höhere Arbeitsplatzdichte. Nimmt man die Stadtstaaten noch hinzu, dann belegt unser Land bei diesem Indikator zur Zeit einen guten sechsten Platz. Zu Beginn des Jahrzehnts lag es noch auf Platz zehn.
  • Arbeitslosigkeit: Gemessen an der Arbeitslosenquote belegt das Saarland im Länderranking heute den fünften Platz. Nur Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz haben derzeit eine geringere Arbeitslosenquote.
  • Ausbildungsplätze: Bei der Ausbildungsplatzdichte (Ausbildungsplätze je Tausend Einwohner) liegt das Land zurzeit an der Spitze aller westdeutschen Flächenländer.
Konstitution weiter verbessert

Die Konstitution der Saarwirtschaft hat sich nach Einschätzung der IHK weiter verbessert. Das gilt insbesondere für die Industrie, die die Wirtschaftsentwicklung in unserem Land nach wie vor maßgeblich prägt. Der Industriebesatz (Industriebeschäftigte je 1 000 Einwohner) liegt mit 124 deutlich über dem Bundesdurchschnitt (107), der Dienstleistungsbesatz mit 200 merklich darunter (Bund: 217).

Innerhalb der Industrie hat der Bergbau weiter an Gewicht verloren. Er stellt zur Zeit nur noch gut sieben Prozent der Arbeitsplätze. Die Stahlindustrie hat in erfreulichem Maße und wohl auch nachhaltig an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen. Durch die konsequente Ausrichtung auf Qualitäts- und Spezialstähle zählt sie inzwischen zu den Stützen für Wachstum und Beschäftigung.

Die strukturell dominante Branche ist mehr denn je der Fahrzeugbau. Sie stell inzwischen mehr als jeden vierten Industriearbeitsplatz in unserem Land. Bundesweit ist es nur jeder siebte. Zur Frage, ob sich daraus nicht beträchtliche strukturelle Risiken ergeben, bemerkt die IHK dreierlei:

  • Der Fahrzeugbau wird weltweit und auch in Europa weiter wachsen. Wenn die Standortpolitik in Deutschland und im Saarland stimmt, kann die Saarbranche davon profitieren.
  • Der saarländische Fahrzeugbau ist im Innern stark diversifiziert. Er liefert an viele Hersteller und an Kunden in vielen Ländern. Das macht ihn relativ unanfällig gegen krisenhafte Entwicklungen in einzelnen Marktsegmenten.
  • Zudem ist der Produktmix der Branche im Saarland günstig. Die Betriebe stellen Produkte, Systeme und Komponenten her, die relativ gut im Markt liegen und weiteres Wachstumspotenzial haben (Dieseleinspritztechnik, Automatikgetriebe, Alu-Motorblöcke, Mess-, Regel- und Steuerungstechnik). Deshalb entwickelt sich der Fahrzeugbau im Saarland seit Jahren deutlich besser als bundesweit. Diese relative Stärke dürfte zumindest auf mittlere Sicht fortbestehen.
Für die gesamte Saarindustrie stellt die IHK fest, dass sie quer durch die Branchen an Innovationskraft gewonnen hat. Das lässt sich u. a. an der steigenden Zahl der Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen ablesen.

Erfreulich ist, dass auch außerhalb der Industrie einige Wirtschaftszweige – insbesondere solche mit überregionalem Absatz – eine günstige Entwicklung aufweisen. Dazu zählen die IT-Branche, aber auch die Versicherungsbranche. Für die Branchen mit regionalem Absatz sind die Perspektiven ähnlich einzuschätzen wie auf Bundesebene.

Chance auf Wachstumsvorsprung in 2005

Nach Einschätzung der IHK kann die Saarwirtschaft beim Wirtschaftswachstum in diesem Jahr erneut etwas besser abschneiden als die deutsche Wirtschaft im Ganzen. Diese Hoffnung stützt die IHK vor allem darauf, dass die Saarindustrie mit relativ viel Schwung in das Jahr 2005 gestartet ist.

  • Sowohl bei den Umsätzen als auch bei den Auftragseingängen hat sie im ersten Quartal deutlich höhere Zuwächse erreicht als die Bundesindustrie (Umsätze verarbeitendes Gewerbe Saar: + 15 Prozent, Bund: 2,5 Prozent; Auftragseingänge Saar: + 18 Prozent, Bund: + 3 Prozent).

    Maßgeblich für die relative Stärke der Saarindustrie sind erneut die industriellen Kernbranchen Automobil- und Stahlindustrie. Sie konnten im Saarland spürbar stärker zulegen als im Bund. Angesichts des hohen Strukturgewichts beider Branchen an der Saar (rund 40 Prozent aller Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe) schlägt dies relativ stark auf das Gesamtergebnis durch.

  • Für ein etwas höheres Wachstum an der Saar sprechen auch die Stimmungsindikatoren. Zwar ist der IHK-Lageindikator, der die Geschäftslage der saarländischen Unternehmen widerspiegelt, im Gleichschritt mit dem ifo-Indikator vier Mal in Folge gesunken. Er liegt aber immer noch über dem ifo-Wert für Deutschland.
  • Etwas besser als im Bund sieht es auch bei den Arbeitsplätzen aus – zumindest im verarbeitenden Gewerbe. Hier sind gegenüber dem Vorjahresquartal in unserem Land zwar knapp 1.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Prozentual fällt dieser Rückgang aber geringer aus als im Bund (Saar: - 1,0 Prozent, Bund: - 1,3 Prozent). Dem stehen allerdings weitere Arbeitsplatzverluste im Bergbau gegenüber - bis zum Jahresende gut 600.
Für die Monate April und Mai liegen noch keine belastbaren Zahlen vor. Allerdings deuten mehrere Indikatoren – so etwa die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfragen – darauf hin, dass der Vorsprung der Saarindustrie tendenziell abnimmt.

Ausführliche Statements mit erläuternden Grafiken von IHK-Präsident Dr. Richard Weber und IHK-Hauptgeschäftsführer Volker Giersch.

Medienkontakt:
Dr. Mathias Hafner
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