Standortvorteil Recht weiter ausbauen
Von Ludwig Georg Braun, Präsident des DIHK
Kolumne
01.02.2005
Recht gewährleistet die freie Entfaltung der Persönlichkeit, es bietet faire Chancen, es sorgt für Sicherheit und es schützt das Eigentum. Ein leistungsfähiges Recht ist damit unerlässlich für das Funktionieren der Wirtschaft und für Prosperität. Es begünstigt Investitionen und unternehmerisches Handeln..
Nun wird es keinen Ort auf der Welt geben, an dem nicht irgendein Recht gilt. Das aber sagt noch nichts darüber aus, ob das jeweilige Rechtssystem seine Aufgaben gut erfüllen kann. Entscheidend ist daher die Qualität des Rechts: Recht muss aus sich heraus verständlich sein und doch für alle denkbaren Fälle eine Lösung bieten – so die große Anforderung. Recht muss eine Balance zwischen Sicherheit und Freiheit finden. Recht muss unparteiisch sein und doch den Schwächeren schützen. Recht muss systematisch sein und ist doch in der Regel das Ergebnis eines Kompromisses. Recht muss mit Autorität gesprochen werden und bedarf doch der Akzeptanz – es muss als „gerecht“ empfunden werden. Recht muss darüber hinaus aber auch durchsetzbar und bezahlbar sein.
„Recht“ in Deutschland oft negativ besetzt
In Deutschland ist der Begriff „Recht“ – anders als zum Beispiel im englischen Sprachbereich – eher negativ besetzt. Das Bild wird vielfach geprägt vom sprichwörtlichen Paragraphenreiter, Amtsschimmel und Winkeladvokaten. Recht wird oftmals gleichgesetzt mit Bürokratie – auch von Unternehmen. Dabei trägt gutes Recht eigentlich dazu bei, Bürokratie zu vermeiden. Das deutsche Recht kann sich in dieser Hinsicht durchaus sehen lassen. Es ist im intendierenden Vergleich – insbesondere auch zum angloamerikanischen Rechtsbereich – vorhersehbar, durchsetzbar und bezahlbar. Nicht von ungefähr war in der Vergangenheit das Recht ein wichtiger deutscher Exportartikel – beispielsweise in eine ganze Reihe von asiatischen Staaten.
Das deutsche Rechtssystem steht allerdings derzeit wohl zu Recht in der Kritik, in einem schleichenden Prozess zu erodieren. Es ist im Begriff, unsystematisch, unverständlich und erdrückend zu werden – man denke nur an das Steuerrecht. Wir Unternehmer beklagen insbesondere, dass das deutsche Recht überreguliert ist.
Bedingt durch die gewachsene Individualisierung und Komplexität der Lebensformen und -situationen liegt der Ruf nach einer radikalen Vereinfachung, nach Standardisierung und vor allem Effizienz im Sinne von „Simplify the state“ auf der Hand. Aber ebenso wie Auswüchse und Übertreibungen im Sinne von Überdifferenzierungen können auch radikale Vereinfachungen und rigide Einheitslösungen zu Bürokratie führen.
Aufgrund der wirtschaftlichen Aktivitäten meines Familienunternehmens, die über die deutschen Landes- und Rechtsgrenzen hinausgehen, weiß ich um die Vorteile des deutschen Rechts. Es erscheint mir daher der Mühe wert, im Rahmen des Jahresthemas der IHK-Organisation 2005 darüber nachzudenken und zu diskutieren, wie wir den „Standortvorteil Recht“ für Deutschland nicht nur bewahren sondern weiter ausbauen können.