Aktuelles

Kennzahl: 17.2456

Talfahrt ohne Ende?

IHK legt Branchenbericht zur Bauwirtschaft vor

07.07.2003

Neun Krisenjahre in Folge und kein Ende in Sicht. Das ist die traurige Bilanz der deutschen und saarländischen Bauwirtschaft seit dem Ende des Vereinigungsbooms 1994. Wie aus dem neuesten Branchenbericht der IHK Saarland hervorgeht, sank seit dieser Zeit die Zahl der auf dem Bau Beschäftigten im Saarland um fast 40 Prozent – von 17.400 auf 10.600. Bundesweit ging in dieser Zeit die Beschäftigung um 37 Prozent von über 1,4 Millionen auf rund 880.000 zurück. Gleichzeitig schrumpfte auch der Umsatz, an der Saar um gut ein Fünftel und im Bund um über 30 Prozent. Aber trotz dieser langen Negativentwicklung ist die Bauwirtschaft immer noch ein wirtschaftliches Schwergewicht. Sie erwirtschaftet rund fünf Prozent aller in Deutschland erwirtschafteten Güter und Dienste. Im Bund beschäftigt sie über sieben Prozent aller Erwerbstätigen, an der Saar rund sechs Prozent.

Öffentlicher Bau besonders betroffen

Erheblich zu schaffen macht der Bauwirtschaft die schlechte Finanzlage der öffentlichen Hand. Während im Saarland noch vor wenigen Jahren fast jeder zweite Euro durch öffentliche Aufträge verdient wurde, sind es heute nur noch knapp 40 Prozent. Allein im letzten Jahr vergab die öffentliche Hand im Hochbau fast ein Viertel weniger Aufträge als im Vorjahr. Dagegen registrierte der gewerbliche und industrielle Hochbau 'nur' einen Rückgang um 8,2 Prozent. Etwas günstiger gegenüber dem Vorjahr entwickelten sich die Auftragseingänge im Tiefbau. Das hier erzielte Plus von 6,5 Prozent führte letztlich dazu, dass die Auftragseingänge im Saarland (minus 3,3 Prozent) insgesamt nur halb so stark schrumpften wie im Bund (minus 6,2 Prozent).

Kein Licht am Ende des Tunnels

Auch in diesem Jahr ist die Lage der Bauwirtschaft durch Überkapazitäten, Preisverfall, hohen Wettbewerbsdruck und eine schwache Auftragslage gekennzeichnet. In der jüngsten Konjunkturumfrage der IHK meldeten gut 70 Prozent der Bauunternehmen, dass sie in den kommenden sechs Monaten keine Veränderungen der Geschäftstätigkeit erwarten. Fast 30 Prozent rechnen mit schlechteren Geschäften und 60 Prozent mit weiter fallenden Preisen. Die Abschwungsphase der Bauwirtschaft dürfte demnach noch einige Zeit anhalten.

Neue Herausforderungen...

Mittel- und langfristig erwartet die IHK aufgrund des demografischen Wandels, der Erweiterung der EU und der zunehmenden wirtschaftlichen Integration Europas einen tiefgreifenden strukturellen Umbruch. Die sinkende Bevölkerungszahl und der zunehmende Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung setzen dem Neubau von Wohnungen enge Grenzen. Stabilisierend dürften sich allerdings die steigenden Ansprüche an die Wohnqualität und der zunehmende Bedarf an altersgerechten Wohnungen auswirken. Statt Neubau wird deshalb der Umbau und die Modernisierung von Wohnungen eine größere Rolle spielen. Weiterer Anpassungsbedarf kommt auf die Bauwirtschaft auch durch die zunehmende Integration und Erweiterung der EU zu. Vor allem im Bereich traditioneller Bauleistungen ist damit zu rechnen, dass noch mehr ausländische Anbieter als bisher auf den heimischen Markt drängen.

... offensiv annehmen

Diese Herausforderungen wird die saarländische und deutsche Bauwirtschaft nur meistern können, wenn sie neue Geschäftskonzepte entwickelt. Die IHK nennt in diesem Zusammenhang das komplette Bau- und Gebäudemanagement bis hin zur schlüsselfertigen Übergabe oder die Entwicklung von Finanzierungskonzepten als Dienstleistung für die Bauherrn. Neue Geschäftsfelder bestehen aber auch in den Bereichen Private Public Partnerchip, Energie-Einspar-Contracting oder Facility-Management. Hierzu sollten die Bauunternehmen die Kooperation mit Spezialisten suchen, die bestimmte Arbeiten besser und günstiger erbringen können als sie selbst.

Neben den Unternehmen selbst sieht die IHK aber auch die Politik in der Pflicht, Wege zur Zukunftssicherung der Bauwirtschaft zu ebnen. Beispiel: Öffentlicher Investitionsstau. Dieser könnte aufgelöst werden, wenn der Staat stärker private Finanzierungen zuließe. Dringliche Vorhaben könnten dann viel schneller realisiert werden.

Branchenbericht: Bauwirtschaft: Talfahrt ohne Ende?

Weitere Informationen:
Dr. Heino Klingen
(06 81) 95 20-4 10