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Kennzahl: 17.12317

Umkleidezeiten nicht vergüten

12.04.2016

Ist ein Arbeitnehmer aufgrund arbeitsschutzrechtlicher Vorgaben verpflichtet, Schutzkleidung am Arbeitsplatz anzulegen, unterliegt die hierfür erforderliche Zeit der Vergütungspflicht. Das hat  das  Landesarbeitsgericht  Hamburg  im  Fall  eines  Arbeitnehmers  in  einem  Aluminiumwalzwerk  mit  Gießerei  entschieden.  In  dem  Betrieb  bestand  eine  Anweisung  zum  Tragen von  Arbeitskleidung,  persönlicher  Schutzausrüstung  und  zusätzlicher  Schutzausrüstung  für Gießereimitarbeiter.  Der  Arbeitgeber  vergütete  die  Umkleidezeit  nicht  und  bezog  sich  auf eine  Regelung  im  Manteltarifvertrag,  wonach  Umkleide- und  damit  verbundene Wegezeiten
nicht  zu  vergüten  sind.  In  seiner  Begründung  weist  das  Gericht  darauf  hin,  dass  die  Verpflichtung  des  Arbeitgebers,  wonach  fremdnützige  Umkleidezeiten  als  Arbeitszeiten  zu  vergüten  sind,  durch  Tarifvertrag  nicht  abbedungen  werden  kann,  soweit  das  Umkleiden  aus Gründen des Arbeitsschutzes geboten ist. Das folge aus dem Arbeitsschutzgesetz (vgl. § 3 Abs. 3 ArbSchG), wonach der Arbeitgeber Kosten für Maßnahmen nach dem Arbeitsschutzgesetz nicht den Beschäftigten auferlegen darf. Der entgegenstehende Tarifvertrag sei insoweit wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. Zu den Maßnahmen des Arbeitsschutzes zählten nicht nur die der Arbeitssicherheit dienenden Sachmittel, sondern auch die Arbeitszeiten, die erforderlich seien, um diese Sachmittel anzuwenden.

Urteil des Landesarbeitsgerichts - LAG - Hamburg vom 06.07.2015; Az.: 8 Sa 53/14

Praxistipp:
Umkleidezeiten sind nach der festen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dann  zu  vergüten,  wenn  das  Umziehen  fremdnützig  im  Interesse  des  Arbeitgebers  geschieht.  Dies  trifft  immer  dann  zu,  wenn  der  Arbeitgeber  seinen  Mitarbeitern  verpflichtend Dienstkleidung  während  der  Arbeitszeit  vorschreibt,  die  privat  nicht  genutzt  werden  dürfen. Damit  sind  die  Umkleidezeiten zu  vergüten.  Diese  Vergütungspflicht  kann  zwar  durch  arbeitsvertragliche  oder  tarifvertragliche  Regelungen  abgeändert  werden.  Dies  gilt  aber  dann
nicht, wenn das Umkleiden auf Grund zwingender gesetzlicher Regelung, wie vorliegend der Arbeitsschutz,  vorgeschrieben  sind.  Die  Arbeitnehmer  haben  deshalb  im  vorliegenden  Fall den Anspruch, die zu Unrecht vorenthaltene Vergütung für Umkleide- wie auch Wegezeiten nachzufordern.