Vermögensteuer – die rot-grüne Irrfahrt geht weiter
von Rolf Schneider
Vizepräsident der IHK Saarland und Vorsitzender des
Steuerausschusses beim Deutschen Industrie- und
Handelskammertag
02.12.2002
Statt bei sich selbst zu beginnen, etwa durch Abspecken bei den üppigen Diäten und Versorgungsanwartschaften, träumt man von Mehrausgaben in Höhe von 9 Mrd. €, die eine verfassungskonforme Vermögensteuer nie einbringen kann. Bemerkenswert ist, dass der Vorschlag von Personen kommt, die sichere und hohe Pensionszahlungen erwarten können. Zur privaten Finanzierung einer Altersversorgung in dieser Höhe bräuchte man ein Vermögen, das in jedem Fall zu den „vermögensteuerpflichtigen Kategorien“ gehört.
Mit der Vermögensteuer zielt man völlig undifferenziert auf „ die Reichen“, sie trifft aber den Mittelstand in voller Härte. Da auch eine Vermögensteuer als „Sollertragsteuer“ aus dem Gewinn eines Unternehmens, d. h. aus den Vermögenserträgen bedient werden müsste, würde sie die ohnehin schwache Ertragsituation der Unternehmen weiter belasten. Es stünde weniger Gewinn zur Bildung von Eigenkapital zur Verfügung. Statt steigender Eigenkapitalquoten schafft man mit der Vermögensteuer die Voraussetzung für weiter sinkende Eigenkapitalquoten, wofür die Unternehmen wegen Basel II auch noch zusätzlich mit schlechteren Finanzierungskonditionen bestraft werden.
Die [kapital]zerstörerische Wirkung der Vermögensteuer lässt sich an einem einfachen Beispiel zeigen:
Vermögensteuer pflichtiges Kapital 5 Mio. €
Kapitalertrag 5 % | 250.000 € |
- Einkommensteuer 40 % | 100.000 € |
- Vermögensteuer 1 % vom Kapital | 50.000 € |
Steuern insgesamt | 150.000 € |
Ertrag nach Steuern | 100.000 € |
Allein durch die Vermögensteuer schwillt die Steuerlast auf den Kapitalertrag auf 60 % an. Sie stößt damit in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbare Höhen vor. Eine Steuerlast von weit über 50 % ist mit dem Halbteilungsgrundsatz, den das Bundesverfassungsgericht in seinem Vermögensteuerbeschluss vom 22. Juni 1995 verankert hat, nicht mehr vereinbar.
Wollte man also „die Reichen“ verfassungskonform belasten, muss man den Steuersatz niedrig halten. Über 0,5 % dürfte er keinesfalls liegen. Liegt er in dieser Größenordnung, wird die geplante Steuereinnahme nicht erreicht, es sei denn man greift auch das Kapital an, das die Bürger zur Absicherung ihrer Existenz und die Wirtschaft als Betriebsgrundlage eingesetzt haben. So presst man aus dem Mittelstand den letzten Tropfen. Wer das tut, muss wissen, es geht einher mit dem Ruin von Existenzen und führt zur Vernichtung von Arbeitsplätzen.
Völlig unbeachtet bleibt in dieser von Neid und Unsachlichkeiten bestimmten Kampagne die Administration bei einer Renaissance der Vermögensteuer. Die Unzuträglichkeiten bei der Grund- und Bodenbewertung führten 1995 zum Verdikt des Bundesverfassungsgerichts und zum Verzicht auf die Steuer. Fraßen die Vollzugskosten seinerzeit schon mehr als ein Drittel des Ertrags (zuletzt ca. 4,6 Mrd. DM im Jahr 1996) auf, müsste man heute, selbst bei einer vereinfachten Bedarfsbewertung, mit ähnlichen Kostenanteilen rechnen. Von den erhofften 9 Mrd. € müssten mithin sofort 3 Mrd. € in die Personalhaushalte der Länder eingestellt werden.
Und obendrein: Auch die betroffenen Vermögensteuerzahler müssten sich geschäftsmäßiger Steuerberatung bedienen – eine Ursache-Wirkung-Kostenspirale, deren Ende nicht absehbar ist. Der Gesetzgeber hat nicht zuletzt aus Kostengründen auf die Vermögensteuer definitiv verzichtet und die Länder durch Anhebung der Grunderwerbsteuer von 2% auf 3,5% und durch höhere Wertansätze in der Erbschaftsteuer entschädigt.
Einige unionsregierte Bundesländer haben dies erkannt. Sie wollen das neue Vermögensteuergesetz offensichtlich nur passieren lassen, wenn die Länder zugleich dafür die eigene Steuerhoheit bekommen, d. h. der Gesetzgeber stellt ihnen die Erhebung frei. Damit wäre erstmals wettbewerblicher Föderalismus realisiert. Die Bürger könnten abwägen, was sie besser finden, den bürgerfreundlichen Süden etwa oder den standortvernichtenden Norden - wäre da nicht der Länderfinanzausgleich. Sollte die Vermögensteuerdebatte in dieses Gestrüpp neue Schneisen schlagen? Es wäre zu wünschen, nur dann hat die Vermögensteuerdebatte einen Sinn.
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