Weiterbildung: Vorsprung durch Partnerschaft
Von Volker Giersch
Kommentar
01.04.2002
Die deutsche Wirtschaft gibt zur Zeit mehr als 15 Milliarden Euro jährlich für die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter aus. Je Kopf gerechnet sind das rund 1.200 Euro pro Jahr. Auch im Saarland ist die Bereitschaft der Unternehmen hoch, in die Weiterbildung der Arbeitnehmer zu investieren. Sie hat in den letzten Jahren – auch dank der Impulse durch das Landesprogramm „ Lernziel Produktivität“ – noch einmal kräftig zugenommen. Das ist gut so. Denn Regionen, die bei Aus- und Weiterbildung die Nase vorn haben, werden auch bei Wachstum und Beschäftigung Spitze sein.
Neue Kultur der Zusammenarbeit
Die IHK will mit dazu beitragen, das Saarland in der Weiterbildung bundesweit an die Spitze zu bringen. In der beruflichen Erstausbildung ist dies bereits weitgehend gelungen. Angesichts der hohen Lohnnebenkosten und der immer kürzeren Arbeitszeiten müssen die finanziellen Lasten aber auf mehrere Schultern verteilt werden. Die Arbeitnehmer müssen verstärkt bereit sein, auch während ihrer Freizeit zu lernen. In anderen hochentwickelten Ländern ist dies längst eine Selbstverständlichkeit. Dabei zeigt sich: Wer einen Eigenbeitrag leistet, bringt in aller Regel auch mehr Motivation für seine Weiterbildung mit.
Gesetzliche Regelungen wie das saarländische Bildungsfreistellungsgesetz schaden in dieser Hinsicht mehr als sie nützen. Denn sie suggerieren, dass die berufliche Weiterbildung in erster Linie in die Verantwortung von Staat und Wirtschaft und erst in zweiter Linie in die Eigenverantwortung der Arbeitnehmer gehört. Notwendig wäre stattdessen die klare Botschaft, dass ständiges berufsbegleitendes Lernen ganz wesentlich auch eine Bringschuld der Arbeitnehmer sein muss. Nur so können diese den wachsenden Qualifikationsanforderungen des Arbeitsmarktes dauerhaft gerecht werden. Wir brauchen deshalb eine neue Kultur der partnerschaftlichen Zusammenarbeit in der Weiterbildung. Unternehmensführung und Mitarbeiter müssen sie als gemeinsame Aufgabe angehen.
Die Stärken unserer IHK in der Weiterbildung liegen vor allem in der Entwicklung neuer zukunftsorientierter Weiterbildungsgänge und im Bereich der Qualitätssicherung. Das Erfolgsrezept heißt auch hier: Partnerschaft mit der Wirtschaft – zum einen mit den vielen Unternehmen, die Weiterbildung nachfragen, zum anderen mit jenen, die Weiterbildung anbieten.
Mehr Dynamik durch Kooperation
In einem intensiven Dialog mit der Wirtschaft stehen wir insbesondere bei der Entwicklung von IHK-Zertifikatslehrgängen. Nur so können wir vorausschauend ermitteln, wie sich die Qualifikationsanforderungen der Unternehmen im Zeitablauf wandeln und entsprechende Lehrgänge konzipieren. Allein seit Mai vergangenen Jahres haben wir auf diese Weise mehr als 40 Lehrgänge entwickelt, die zumeist zwischen 100 und 200 Unterrichtsstunden umfassen und mit IHK-Zertifikaten abschließen. Die thematische Spannweite ist groß. Sie reicht von Lehrgängen auf dem Gebiet der IuK-Technologie über die Vermittlung von Kenntnissen in Biomedizin und Molekular-Biologie bis hin zur Qualifizierung von Croupiers und Spielautomatentechnikern.
Entscheidend für den Erfolg am Markt ist, dass die Lehrgänge in enger Kooperation mit privaten Weiterbildungsträgern durchgeführt werden. Die IHK ist Lizenzgeber und überwacht die Qualität. Die Weiterbildungsträger sind zuständig für das Marketing und das operative Geschäft. Ihnen fließen bei wirtschaftlichem Erfolg auch die Erträge zu. Die IHK tritt also nicht als Konkurrent, sondern als Partner auf. Diese Partnerschaft, die wir allen leistungsfähigen Unternehmen anbieten, hat Dynamik in den Markt gebracht. IHK-Zertifikatslehrgänge werden inzwischen in großer Zahl angeboten. Konkurrenz, so zeigt sich, belebt das Geschäft.
Ein partnerschaftlicher Ansatz, der der Sache dient, ist auch die Gründung der Gütegemeinschaft für betriebliche Bildung, die kürzlich erfolgte. In ihr haben sich namhafte saarländische Unternehmen zusammengeschlossen, um Qualitätsstandards zu definieren und sich zu deren Einhaltung zu verpflichten. Die IHK unterstützt diese Gütegemeinschaft und macht die Q-Standards zur Grundlage für alle IHK-Zertifikatslehrgänge.
Vorreiter bei E-Learning
Wichtig für die Attraktivität von Weiterbildungsgängen ist es auch, neue Lernformen wie E-Learning rasch zu integrieren. Sie machen das Lernen unabhängig von Ort und Zeit und bieten die Chance, die Lerneffizienz zu steigern. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass E-Learning in einigen Jahren normaler Bestandteil der beruflichen Weiterbildung sein wird, so wie heute Flipcharts, Overhead-Folien oder Beamer selbstverständlich sind. Eine wachsende Zahl von Lehrgängen wird neben präsenzpflichtigen Phasen künftig auch aus multimedialen „ Web-Based-Trainings“, „Online-Tutoring“ und „Learning Communities“ bestehen. Die Begriffe sind gewiss noch gewöhnungsbedürftig. Die damit bezeichneten Lernwerkzeuge werden indes rasch zur Normalität gehören.
Die IHKs wollen diese Entwicklung fördern und begleiten. Unter dem Namen „IHK.Online-Akademie“ haben sie – in bundesweiter Allianz – einen E-Learning Marktplatz aufgebaut, der attraktive Media-Mixed-Qualifizierungen bietet. Das Saarland war am Aufbau der Online-Akademie maßgeblich beteiligt. Eine Kooperation unserer IHK mit dem Saarbrücker Unternehmen imc gab den Anstoß für das Projekt. Die imc kam schließlich auch bei der Gestaltung der Lernplattform zum Zuge.
Insgesamt gewinnt die Weiterbildungsoffensive an der Saar also weiter an Breite und Schwung. Das ist ein gemeinsamer Beitrag der IHK und ihrer Partner zum Projekt „Aufsteigerland“. Die Devise heißt: Vorsprung durch Partnerschaft. Wir werden an ihr festhalten.