Weniger Stellen, aber angemessene Vergütung! Unser Land braucht einen Personalentwicklungsplan für den öffentlichen Dienst
Standpunkt
von Volker Giersch
01.03.2012
Stellenabbau als Überlebensstrategie – das ist eine der Maximen, die sich aus den Auflagen der Schuldenbremse schlüssig ableiten lassen. Im Klartext: Unser Land kann sich in Zeiten der Schuldenbremse nur dann einen ausreichenden finanziellen Spielraum für die Zukunftsgestaltung sichern, wenn es bei den konsumtiven Ausgaben – und hier nicht zuletzt auch bei den Personalkosten – kräftig auf die Bremse tritt.
Wichtig ist deshalb, dass die neue Landesregierung die Weichen rasch nach der Wahl in die richtige Richtung stellt. Sie muss zügig ein schlüssiges Zukunftskonzept „Saarland 2020“ entwickeln und daraus Eckpunkte für die künftige Finanz- und Personalplanung ableiten.
Haushaltsstrukturkommission und PwC haben wichtige Vorarbeiten geleistet: So werden im PwC-Gutachten konkrete Einsparpotenziale für die wichtigsten Ausgabenbereiche des Landes genannt. Diese beziehen sich allerdings auf das Jahr 2007. Seither haben Land und Kommunen noch in beträchtlichem Umfang zusätzliche Stellen im öffentlichen Dienst geschaffen. Bei Land und Hochschulen betrug der Zuwachs zwischen Mitte 2007 und Mitte 2010 (weiter reicht die Statistik nicht) rund fünf, bei den Kommunen fast sieben Prozent.
An anderen Bundesländern orientieren
Insgesamt beschäftigt der öffentliche Dienst im Saarland zurzeit rund 40.500 Mitarbeiter. Im Reigen der Bundesländer liegt das Land damit auf einem Platz im oberen Mittelfeld. Je Einwohner gerechnet arbeiten in Land, Kreisen und Kommunen 17 Prozent mehr Beamte und Angestellte als im sparsamsten Land Schleswig-Holstein. Anders gewendet: Hätten wir den gleichen Personalbesatz wie das Land im Norden, kämen wir hierzulande mit gut 6.000 Staatsdienern weniger aus. Unmöglich? Wer Schleswig-Holstein kennt, der weiß, dass dort keineswegs Notstand herrscht – weder in der Verwaltung noch in Schulen, Gerichten oder bei der Polizei. Auch Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Hessen und Rheinland-Pfalz beschäftigen deutlich weniger Staatsdiener als das Saarland.
In den nächsten Jahren werden alle Länder auf Sparkurs bleiben müssen, um ihre Haushaltsdefizite nachhaltig abzubauen. Zum Teil gibt es ehrgeizige Sparziele: Sachsen-Anhalt etwa will im Kernhaushalt bis Ende des Jahrzehnts 15 Prozent der Stellen abbauen, Berlin bereits bis 2017 rund 6.000 Stellen streichen.
Und im Saarland? Immerhin gehen die Bevölkerungszahlen hier bis Ende des Jahrzehnts besonders deutlich zurück – um sieben Prozent gegenüber zwei Prozent bundesweit. Liegt es da nicht nahe, dass wir für weniger Einwohner weniger Polizisten brauchen, für weniger Steuerzahler weniger Finanzbeamte und für weniger Bürger weniger Richter und Staatsanwälte? Man mag zudem fragen: Benötigen wir für weniger Schüler nicht auch weniger Lehrer? Bis 2020 wird die Zahl der Schüler immerhin um rund ein Viertel sinken. Doch es besteht ja Konsens darin, dass wir die Qualität der Schulbildung weiter deutlich verbessern wollen. Deshalb werden wir nur einen Teil der so genannten demografischen Rendite zur Konsolidierung der Landesfinanzen nutzen können.
Alle Finanzprojektionen belegen, dass das Land den Anstieg der Personalkosten deutlich dämpfen muss, wenn es weiter handlungs- und gestaltungsfähig bleiben will. Durch den absehbaren Anstieg der Zinslast und der Versorgungskosten wird der Handlungsspielraum ohnedies bereits spürbar eingeschränkt.
Konkurrenzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt sichern!
Grundsätzlich lassen sich die Personalkosten auf zwei Wegen dämpfen: über weitere Einschnitte bei Bezügen und Beihilfen zum einen, über den Abbau von Stellen zum anderen. Die Jamaika-Koalition hat sich zunächst für den ersten Weg entschieden: Die Beamten mussten bei ihren Bezügen eine Nullrunde hinnehmen, die Eingangsbesoldung wurde abgesenkt, die Beihilfe eingeschränkt und das Beförderungsbudget gekürzt.
Der Spielraum für Einsparungen bei der Besoldung ist damit bereits weitgehend ausgeschöpft. Bei weiteren Sparrunden wäre der öffentliche Dienst auf dem Arbeitsmarkt kaum noch konkurrenzfähig. Ein leistungsfähiger Staat braucht qualifizierte Fachkräfte. Und die kann er gerade in Zeiten des Fachkräftemangels nur gewinnen und halten, wenn die Bezahlung stimmt.
Schon heute ist der öffentliche Dienst bei Ingenieuren und Technikern kaum noch konkurrenzfähig. Und aufgrund der abgesenkten Eingangsvergütungen und der zögerlichen Einstellungspraxis verlassen bereits viele Lehrer gleich nach ihrer Referendarzeit das Land in Richtung Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. In der Regel sind es die Besten und Mobilsten. Diejenigen also, die wir am dringendsten hier im Land benötigen.
Bleibt zur weiteren Kostendämpfung also nur der Abbau von Stellen. Notabene: Hier geht es nicht um Kündigungen – die wären ohnedies kaum möglich – sondern darum, die natürliche Fluktuation zu nutzen. Und die bietet reichlich Spielraum: So scheiden im Laufe des Jahrzehnts auf Landesebene rund 8.000 Staatsdiener altersbedingt aus. Bei den Gemeinden sind es rund 4.000. Das sind 12.000 in der Summe. Würden Land und Kommunen künftig nur jede zweite frei werdende Stelle wieder besetzen, ergäbe sich daraus rein rechnerisch ein Einsparpotenzial von 6.000 Stellen.
Der Abbau von Stellen darf sich dabei keineswegs auf die untere und mittlere Ebene des öffentlichen Dienstes beschränken. Einzubeziehen ist insbesondere auch die Führungsebene. Dies getreu dem Motto: Wer bei den Indianern sparen muss, sollte bei den Häuptlingen beginnen.
Strukturen reformieren, mit Rheinland-Pfalz kooperieren
Keine Frage: In vielen Bereichen wird ein deutlicher Personalabbau nicht möglich sein, ohne eine grundlegende Aufgabenkritik, das heißt ohne kritische Überprüfung, was der Staat künftig noch leisten kann und soll. Zudem werden Strukturreformen nötig sein, wie sie bei der Polizei bereits vereinbart wurden. Auch bei Gerichten, Finanzbehörden und Landesämtern ist zu überprüfen, inwieweit sich durch entsprechende Reformen eine (noch) höhere Effizienz erreichen lässt. Zudem sollten die Chancen auf Länder übergreifende Kooperationen mit Rheinland-Pfalz konsequent genutzt werden. Auch andere Länder gehen diesen Weg. Etwa Berlin und Brandenburg. Dort gibt es u. a. bereits gemeinsame Fach-Obergerichte, ein zentrales Mahngericht, ein gemeinsames Amt für Statistik, ein gemeinsames Landesamt für Mess- und Eichwesen, eine gemeinsame Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst und auch eine abgestimmte Krankenhausplanung. Solche Kooperationen helfen, Synergien zu nutzen und Kosten einzusparen. Sie können wirksam dazu beitragen, den Spielraum für eigenständiges Handeln auf anderen Gebieten zu vergrößern. Sie sind deshalb nicht – wie bisweilen behauptet – der Anfang vom Ende der Eigenständigkeit, sondern ganz im Gegenteil ein nötiger Beitrag, diese zu sichern.
Sinn macht es in jedem Fall, frühzeitig Klarheit über die künftige Personalentwicklung zu schaffen. Statt Jahr für Jahr neu über Umfang und Struktur des Stellenabbaus zu entscheiden, sollten möglichst noch in diesem Jahr Zielzahlen festgelegt werden, die bis 2020 reichen; dies nicht nur für den öffentlichen Dienst im Ganzen, sondern jeweils auch für die wichtigsten Aufgabenbereiche. So macht es etwa Sachsen-Anhalt. Dort gibt es seit 2009 langfristig angelegte Personalentwicklungskonzepte, die sogar die Zeitspanne bis 2025 umfassen. Auf rund 130 Seiten finden sich Angaben über den zu erwartenden Stellenbedarf, die Fluktuation aus Altersabgängen sowie Stellenziele nach Schwerpunktbereichen. In Zwischenberichten zeigt die Landesregierung auf, ob und wie weit die Zielvorgaben eingehalten wurden.
Eine solche umfassende und vorausschauende Personalentwicklungsplanung brauchen wir auch hier im Saarland. Sie würde für alle Staatsdiener vorab Transparenz und Vertrauen schaffen. Und – wenn sie nicht nur auf dem Papier steht – zugleich auch die Einhaltung der Einsparziele gewährleisten.
Wichtig ist deshalb, dass die neue Landesregierung die Weichen rasch nach der Wahl in die richtige Richtung stellt. Sie muss zügig ein schlüssiges Zukunftskonzept „Saarland 2020“ entwickeln und daraus Eckpunkte für die künftige Finanz- und Personalplanung ableiten.
Haushaltsstrukturkommission und PwC haben wichtige Vorarbeiten geleistet: So werden im PwC-Gutachten konkrete Einsparpotenziale für die wichtigsten Ausgabenbereiche des Landes genannt. Diese beziehen sich allerdings auf das Jahr 2007. Seither haben Land und Kommunen noch in beträchtlichem Umfang zusätzliche Stellen im öffentlichen Dienst geschaffen. Bei Land und Hochschulen betrug der Zuwachs zwischen Mitte 2007 und Mitte 2010 (weiter reicht die Statistik nicht) rund fünf, bei den Kommunen fast sieben Prozent.
An anderen Bundesländern orientieren
Insgesamt beschäftigt der öffentliche Dienst im Saarland zurzeit rund 40.500 Mitarbeiter. Im Reigen der Bundesländer liegt das Land damit auf einem Platz im oberen Mittelfeld. Je Einwohner gerechnet arbeiten in Land, Kreisen und Kommunen 17 Prozent mehr Beamte und Angestellte als im sparsamsten Land Schleswig-Holstein. Anders gewendet: Hätten wir den gleichen Personalbesatz wie das Land im Norden, kämen wir hierzulande mit gut 6.000 Staatsdienern weniger aus. Unmöglich? Wer Schleswig-Holstein kennt, der weiß, dass dort keineswegs Notstand herrscht – weder in der Verwaltung noch in Schulen, Gerichten oder bei der Polizei. Auch Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Hessen und Rheinland-Pfalz beschäftigen deutlich weniger Staatsdiener als das Saarland.
In den nächsten Jahren werden alle Länder auf Sparkurs bleiben müssen, um ihre Haushaltsdefizite nachhaltig abzubauen. Zum Teil gibt es ehrgeizige Sparziele: Sachsen-Anhalt etwa will im Kernhaushalt bis Ende des Jahrzehnts 15 Prozent der Stellen abbauen, Berlin bereits bis 2017 rund 6.000 Stellen streichen.
Und im Saarland? Immerhin gehen die Bevölkerungszahlen hier bis Ende des Jahrzehnts besonders deutlich zurück – um sieben Prozent gegenüber zwei Prozent bundesweit. Liegt es da nicht nahe, dass wir für weniger Einwohner weniger Polizisten brauchen, für weniger Steuerzahler weniger Finanzbeamte und für weniger Bürger weniger Richter und Staatsanwälte? Man mag zudem fragen: Benötigen wir für weniger Schüler nicht auch weniger Lehrer? Bis 2020 wird die Zahl der Schüler immerhin um rund ein Viertel sinken. Doch es besteht ja Konsens darin, dass wir die Qualität der Schulbildung weiter deutlich verbessern wollen. Deshalb werden wir nur einen Teil der so genannten demografischen Rendite zur Konsolidierung der Landesfinanzen nutzen können.
Alle Finanzprojektionen belegen, dass das Land den Anstieg der Personalkosten deutlich dämpfen muss, wenn es weiter handlungs- und gestaltungsfähig bleiben will. Durch den absehbaren Anstieg der Zinslast und der Versorgungskosten wird der Handlungsspielraum ohnedies bereits spürbar eingeschränkt.
Konkurrenzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt sichern!
Grundsätzlich lassen sich die Personalkosten auf zwei Wegen dämpfen: über weitere Einschnitte bei Bezügen und Beihilfen zum einen, über den Abbau von Stellen zum anderen. Die Jamaika-Koalition hat sich zunächst für den ersten Weg entschieden: Die Beamten mussten bei ihren Bezügen eine Nullrunde hinnehmen, die Eingangsbesoldung wurde abgesenkt, die Beihilfe eingeschränkt und das Beförderungsbudget gekürzt.
Der Spielraum für Einsparungen bei der Besoldung ist damit bereits weitgehend ausgeschöpft. Bei weiteren Sparrunden wäre der öffentliche Dienst auf dem Arbeitsmarkt kaum noch konkurrenzfähig. Ein leistungsfähiger Staat braucht qualifizierte Fachkräfte. Und die kann er gerade in Zeiten des Fachkräftemangels nur gewinnen und halten, wenn die Bezahlung stimmt.
Schon heute ist der öffentliche Dienst bei Ingenieuren und Technikern kaum noch konkurrenzfähig. Und aufgrund der abgesenkten Eingangsvergütungen und der zögerlichen Einstellungspraxis verlassen bereits viele Lehrer gleich nach ihrer Referendarzeit das Land in Richtung Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. In der Regel sind es die Besten und Mobilsten. Diejenigen also, die wir am dringendsten hier im Land benötigen.
Bleibt zur weiteren Kostendämpfung also nur der Abbau von Stellen. Notabene: Hier geht es nicht um Kündigungen – die wären ohnedies kaum möglich – sondern darum, die natürliche Fluktuation zu nutzen. Und die bietet reichlich Spielraum: So scheiden im Laufe des Jahrzehnts auf Landesebene rund 8.000 Staatsdiener altersbedingt aus. Bei den Gemeinden sind es rund 4.000. Das sind 12.000 in der Summe. Würden Land und Kommunen künftig nur jede zweite frei werdende Stelle wieder besetzen, ergäbe sich daraus rein rechnerisch ein Einsparpotenzial von 6.000 Stellen.
Der Abbau von Stellen darf sich dabei keineswegs auf die untere und mittlere Ebene des öffentlichen Dienstes beschränken. Einzubeziehen ist insbesondere auch die Führungsebene. Dies getreu dem Motto: Wer bei den Indianern sparen muss, sollte bei den Häuptlingen beginnen.
Strukturen reformieren, mit Rheinland-Pfalz kooperieren
Keine Frage: In vielen Bereichen wird ein deutlicher Personalabbau nicht möglich sein, ohne eine grundlegende Aufgabenkritik, das heißt ohne kritische Überprüfung, was der Staat künftig noch leisten kann und soll. Zudem werden Strukturreformen nötig sein, wie sie bei der Polizei bereits vereinbart wurden. Auch bei Gerichten, Finanzbehörden und Landesämtern ist zu überprüfen, inwieweit sich durch entsprechende Reformen eine (noch) höhere Effizienz erreichen lässt. Zudem sollten die Chancen auf Länder übergreifende Kooperationen mit Rheinland-Pfalz konsequent genutzt werden. Auch andere Länder gehen diesen Weg. Etwa Berlin und Brandenburg. Dort gibt es u. a. bereits gemeinsame Fach-Obergerichte, ein zentrales Mahngericht, ein gemeinsames Amt für Statistik, ein gemeinsames Landesamt für Mess- und Eichwesen, eine gemeinsame Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst und auch eine abgestimmte Krankenhausplanung. Solche Kooperationen helfen, Synergien zu nutzen und Kosten einzusparen. Sie können wirksam dazu beitragen, den Spielraum für eigenständiges Handeln auf anderen Gebieten zu vergrößern. Sie sind deshalb nicht – wie bisweilen behauptet – der Anfang vom Ende der Eigenständigkeit, sondern ganz im Gegenteil ein nötiger Beitrag, diese zu sichern.
Sinn macht es in jedem Fall, frühzeitig Klarheit über die künftige Personalentwicklung zu schaffen. Statt Jahr für Jahr neu über Umfang und Struktur des Stellenabbaus zu entscheiden, sollten möglichst noch in diesem Jahr Zielzahlen festgelegt werden, die bis 2020 reichen; dies nicht nur für den öffentlichen Dienst im Ganzen, sondern jeweils auch für die wichtigsten Aufgabenbereiche. So macht es etwa Sachsen-Anhalt. Dort gibt es seit 2009 langfristig angelegte Personalentwicklungskonzepte, die sogar die Zeitspanne bis 2025 umfassen. Auf rund 130 Seiten finden sich Angaben über den zu erwartenden Stellenbedarf, die Fluktuation aus Altersabgängen sowie Stellenziele nach Schwerpunktbereichen. In Zwischenberichten zeigt die Landesregierung auf, ob und wie weit die Zielvorgaben eingehalten wurden.
Eine solche umfassende und vorausschauende Personalentwicklungsplanung brauchen wir auch hier im Saarland. Sie würde für alle Staatsdiener vorab Transparenz und Vertrauen schaffen. Und – wenn sie nicht nur auf dem Papier steht – zugleich auch die Einhaltung der Einsparziele gewährleisten.